Wochenende Stover Strand, Drage
06. - 07. August 2016
312 km
Samstag, 06. August 2016
Edemissen - Drage
160 km
An diesem Wochenende möchte ich mit Silja eine Camping-Tour unternehmen. Silja will mit einer Fahrt nach Hamburg ihre Grenzen austesten, für sie ist es die erste große Tour. Ich möchte mein neues Vaude-Zelt und die Thermarest-Isomatte ausprobieren sowie das Fahren mit Reisegepäck. Gestern Abend habe ich unsere Packtaschen einige Male ein- und ausgeräumt, unwichtiges Gepäck sowie eine zusätzliche wasserdichte Tasche aussortiert um Gewicht zu reduzieren und versucht, alles praktisch zu verstauen. Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich zufrieden war. Fahrradurlaub mit Zelt reizt mich schon seit längerer Zeit. Das letzte Mal zelten liegt etwa 25 Jahre zurück, danach war ich der Meinung, so etwas nicht mehr zu brauchen.
Unser
Ziel ist der Campingplatz Stover Strand 10 in Drage, direkt
an der Elbe vor den Toren Hamburgs. Wir stehen zu unchristlicher Zeit im
Dunkeln auf, es ist bewölkt
und diesig. Der Wetterbericht verspricht für
heute Sonne-Wolken-Mix, vielleicht auch mal einen kleinen Schauer. Der lässt
dann auch nicht lange auf sich warten und geht kurz vor unserer Abfahrt
prasselnd hinunter. Das fängt ja schon gut an. Um 6.20 Uhr starten wir dann mit
günstigem Seiten- bzw. Rückenwind, die Regenjacken liegen gleich oben im Gepäck.
Bei
Naviki habe ich für die Hinfahrt eine
Route über Uelzen und Lüneburg geplant. Die Strecke fährt sich gut, ich lerne
hinter Uetze einen neuen Weg nach Bröckel kennen, dort überqueren wir die
B214, kommen durch das Naturschutzgebiet Bohlenbruch und weitere gut befahrbare
Waldstücke, dazwischen fahren wir auf gut ausgebauten Feldwegen. Am Wehr bei Offensen überqueren wir die Aller.
Das
Schloss Eldingen lassen wir links liegen und kommen
kurze Zeit später bei Bargfeld am Schmalwasser an einen
wunderschönen Rastplatz. Wir haben jetzt mit knapp 50 km etwa ein Drittel der
Strecke geschafft und gönnen uns hier die erste Pause.
Gestärkt
machen wir uns wieder auf den Weg. Ich
lerne viele neue Ortschaften und eine schöne ländliche Umgebung kennen. Zum
Glück ist es bisher trocken geblieben und nicht mehr so kühl.
Dann
geht es weiter durch das
Naturschutzgebiet Lutter. Neben dem sandigen
Hauptweg gibt es hier
noch einen
geschotterten Fahrradweg, der sich relativ gut befahren lässt.
Das alles gehört zur Lüneburger Heide, einer überwiegend flachwelligen Heide- Geest- und Waldlandschaft zwischen der Aller im Südwesten und der Elbe im Nordosten von
Niedersachsen.
Hier
gibt es viele landschaftlich
schöne Radwege, ich habe zugunsten einer kürzeren und schnelleren Strecke die
Alltagsroute gewählt, die auch mal an der Straße entlangführt. An der B199 haben wir dann wieder Asphalt unter den Reifen. Die idyllische Ruhe des Waldes wird durch den Lärm vorbeifahrender Autos ersetzt, trotzdem ist der Radweg gut, weil er meist durch eine Baumreihe von der Straße getrennt ist. Nach etwa 13 Kilometern vereint sich in Breitenhees die B4 mit der B199, bis nach Uelzen fahren wir weitere 20 Kilometer auf dieser Straße.
In Uelzen schieben wir durch die Altstadt, hier ist gerade Wochenmarkt. Inzwischen ist es sonnig und Silja zieht ihre langen Klamotten aus.
Wir machen noch einen Abstecher zum Hundertwasserbahnhof, ich habe ihn schon einige Male bewundern dürfen, für Silja ist er neu.
Während des Aufenthaltes habe ich die Routenführung von Naviki unterbrochen und rufe sie jetzt erneut auf. Irgendwann merken wir, dass wir in die falsche Richtung fahren, ich vermute, Naviki lässt keinen Quereinstieg zu und will uns erst zum Ausgangspunkt (Edemissen) zurückführen bevor die Route neu gestartet wird. Den Umweg wollen wir uns dann doch nicht antuen und ich gebe lieber eine neue Route ein. Wir drehen nochmal eine Ehrenrunde über den vollen Marktplatz und kommen wieder auf die B4, der wir weitere 35 km bis Lüneburg folgen.
Silja zieht tapfer mit, kommt aber
langfristig mit ihrem Sattel nicht klar, inzwischen stellen sich bei ihr
Schmerzen am Hintern und in den Kniegelenken ein. Wir tauschen die Räder und
ich kann nachvollziehen, dass ihr Citybike mit dem antiken Schwingsattel
nicht unbedingt für Langstrecken geeignet ist. Kurz vor Lüneburg erwischt uns dann ein
Regenschauer, zum Glück ist der Radweg durch große Bäume geschützt, sodass wir
kaum nass werden. In
Lüneburg machen wir Pause in der Altstadt und essen Pizza, vorsichtshalber
unter einem riesigen Sonnenschirm, die nächste Regenwolke
ist schon wieder im Anmarsch.
Nach
dem Essen kauft Silja sich
in der Drogerie gegenüber noch eine Wundschutzcreme für ihren Allerwertesten und verarztet sich
auf dem Klo der Pizzeria. Ich bin etwas beunruhigt weil sie außerdem über
leichte Hals- und Ohrenschmerzen klagt. Nach der Pause zieht sie die langen
Klamotten wieder an, dann machen
uns auf das letzte Stück Weg.
Silja ist sportlich und gut
durchtrainiert, trotzdem ist das Sportgerät Fahrrad für sie noch ungewohnt.
Nach weit über 100 Kilometern darf auch schon mal was wehtun, wenn dann auch
noch ein Infekt im Anmarsch ist, wird die Fahrt zur Belastung. Leider müssen wir
weiter, es liegen noch etwa 35 Kilometer vor uns. Um
größeren Schaden zu verhindern, präparieren wir den Sattel mit ihrem Kopfkissen
und meiner Mullbinde, die ich zum Festzurren von Gegenständen am Fahrrad immer
dabei habe. Hier
kommt sie mal wieder zum Einsatz und funktioniert prima.
In der Sonne ist es ziemlich warm,
schiebt sich eine Wolke davor, wird es frisch. Aber es klärt sich immer mehr
auf, die Regenwolken sind verschwunden.
Ich
muss schmunzeln wenn ich Silja neben mir herfahren sehe. Mit
ihrem gepolsterten Sitz, die Jacke hochgeschlossen und einem dicken Schal um
Hals und Kopf gewickelt. Trotzdem hält sie tapfer durch und jammert nicht herum. Dann
haben wir es endlich geschafft, nach
160 Kilometern erreichen wir unser Ziel, der Campingplatz
liegt vor uns.
Für Silja
eine tolle Leistung, sie kann stolz darauf sein, die Fahrt von Edemissen nach Hamburg geschafft zu haben,
auch wenn sie jetzt etwas angeschlagen ist und keine Jubelschreie ausstößt. Ich
freue mich, ohne Pannen und größere Vorkommnisse angekommen zu sein. Für mich
keine außergewöhnliche Belastung, mein Fahrrad und ich sind eine Einheit und
ich bin noch nicht ausgepowert. Jetzt bin ich gespannt auf die neue
Herausforderung „Zelten“.
Wir
bekommen für den günstigen Preis von 8 Euro einen schönen Platz hinter dem
Deich direkt an der Elbe. Mit
dem Zelt bleiben wir in
der Nähe des Sanitärhäuschens, damit wir nachts nicht so weit zur Toilette
laufen müssen.
Der
Zeltaufbau ist kein Problem und geht schneller wie das Beziehen eines
Jugendherbergsbettes. Die Isomatte füllt sich fast von selbst, mit wenigen
Atemschüben helfe ich zugunsten eines noch besseren Liegekomforts etwas nach.
Eine
wunderschöne rote Abendsonne
scheint zu uns herüber, der Wind hat
nachgelassen. Wir schauen uns noch etwas in der Umgebung um aber Silja
ist k.o. und will sich nach dem Duschen lang machen. Es dämmert inzwischen und
ich begebe mich dann auch zur Ruhe.
Sonntag, 07. August 2016
Drage - Edemissen
152 km
Ich
wache vor dem Wecker um 7 Uhr auf, die Sonne scheint aufs Zeltdach und mir wird
warm. Auf meiner 5 cm Isomatte liegt es sich hervorragend, ich habe gut
geschlafen. Nur der alte Schlafsack war zu warm und nicht optimal, ich werde
mir demnächst einen besseren besorgen. Im Waschraum mache ich mit dem
Reisetauchsieder Wasser heiß, hole Brötchen vom Campingplatz-Edeka und wir
frühstücken draußen im Schneidersitz
vor dem Zelt.
Silja geht es nicht besser, sie wird
sich nachher von Max abholen lassen, das heißt, ich mache mich allein auf den
Rückweg. Zelt und Isomatte lasse ich da, fahre also mit etwas weniger
Gepäck. Ich wähle einen anderen Weg
zurück, über Bispingen und Celle, mal sehen, was Naviki daraus
macht.
Heute
verspricht es schön und warm zu werden, die Sonne scheint zwischen weißen
Schäfchenwolken hindurch. Allerdings werde ich mit Gegenwind rechnen müssen.
Ich verlasse den Campingplatz erst gegen 9.30 Uhr und fahre auf ruhigen
Straßen, heute am Sonntag hält
sich der Autoverkehr in Grenzen.
Ein
Stück hinter Winsen/Luhe zeigt ein Radwegweiser nach Salzhausen, Naviki lässt mich einen Weg später
abbiegen und führt mich prompt über einen miesen zugewachsenen Waldweg. Wütend
erfinde ich ein neues Wort: NVS (Naviki-Verarscher-Strecke). Die kommt auf fast
jeder Route mindestens einmal vor.
Nach wenigen Kilometern erreiche ich dann
mehr schiebend als fahrend die Straße und schwöre mir, nicht wieder auf eine
NVS reinzufallen. Bis Bispingen läuft es dann aber gut, ich fahre
sogar teilweise auf Straßen ohne Radweg aber mit sehr wenig Verkehr.
Bei
Munster passiere ich den Truppenübungsplatz,
dann führt der Weg an der Straße weiter
über Wietzendorf nach Bergen. Auf meinem Weg liegen
hinter dicken Mauern die Kasernenanlagen von Belsen sowie die Gedenkstätte des
KZ Bergen-Belsen. Ich verspüre
keine Lust auf eine Besichtigung und fahre zügig daran
vorbei.
Im
nächsten Ort Walle habe ich etwa
zwei Drittel meiner Strecke geschafft, hier mache ich dann meine einzige Pause
und esse Thunfischbrötchen mit grüner Gurke.
Der Rastplatz liegt in der prallen
Sonne, inzwischen könnte ich etwas Schatten vertragen.
In
Winsen überquere ich die Aller und hinter Oldau führt mich Naviki auf einem schönen Feldweg, der
zwischendurch allerdings zu einer Treibsandpiste mutiert, durch Wald und Heide
bis auf die B214 nach Hambühren.
Die Wanderdüne und der Fuhsekanal bei Hambühren liegen auf meiner Strecke.
Um auf der Bundesstraße zu bleiben, muss ich in Celle das Navi wieder zu Hilfe nehmen, ich will mir in der Stadt keine Umwege einhandeln, immer wieder verfahre ich mich hier. Ich komme am Französischen Garten und am Badeland vorbei und bin wieder auf der B214. Die folgende Strecke kenne ich fast im Schlaf und fahre über Bröckel und Eltze nach Hause.
Trotz überwiegend Gegenwind und nur einer Pause habe ich meine Kräfte gut eingeteilt, ich erreiche Edemissen nach 150 Km in 8 Stunden und 35 Minuten reiner Fahrtzeit um 19.30 Uhr.
Dieses
Wochenende hat mir neue Erfahrungen gebracht, sehr viel Spaß und Lust auf
Wiederholung gemacht. Zelt und Isomatte bestehen den Test mit Bravur, der
Schlafsack sowie die wasserdichte Tasche für den Gepäckträger fallen aus
Volumen- und Gewichtsgründen durch und müssen optimiert werden. Mein
Reisetauchsieder und Thermosflasche sind für kurze Campingplatzaufenthalte eine
platzsparende Alternative zum Kocher. Leichteres, zweckmäßiges Geschirr schaffe
ich mir noch an. Außerdem werde ich eine Packliste anfertigen, die nächste Tour
dieser Art kommt bestimmt.
Super Post!
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