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24.07.17

Urlaub Polen






Urlaub Polen (Westpommern)
und Brandenburg
07. Juli - 14. Juli 2017
662 km 
und 9 Std. Strandwandern








Tag 1
Freitag, 07. Juli 2017
Edemissen - Groß Kreutz
231 km


Ich starte erst um 6.20 Uhr, bin nicht sicher ob ich überhaupt fahren soll. Es ist bewölkt und der Wetterbericht sagt für heute Gewitter, Sturm und Starkregen vorher. Aber im Moment sieht es gut aus, es ist schon relativ mild und die Aussicht auf Rückenwind spornt mich an.


Die Route habe ich gestern bei Naviki geplant. Dieses Mal habe ich mich für die Rennradstrecke entschieden und hoffe auf glatte Straßenbeläge, Waldwege und Holperpisten möchte ich vermeiden. Peter muss heute noch arbeiten, er will mich dann am Abend aufsammeln.

Bis Calberlah fahre ich ohne Navi, durch meine Fahrten nach Wolfsburg kenne ich den Weg wie meine Westentasche.


Es rollt prima, der Wind schiebt mich etwas und ich fahre überwiegend auf Radwegen. Inzwischen hat es sich aufgeklärt und ich kann das T-Shirt unter der Weste sowie meine Socken ausziehen. Die Maisfelder stehen in voller Pracht, die Kornfelder werden langsam gelb, einige sind schon abgemäht.


Ist kein Radweg vorhanden, fahre ich auf Landstraßen mit wenig Verkehr. Kurz vor dem Ort Gehrendorf überfahre ich die ehemalige deutsch-deutsche Grenze. Hier bin ich mitten in der Natur, die Entfernungen zwischen den Ortschaften sind länger. Ein Storch stolziert neben mir auf einer saftig grünen Wiese und sucht nach Futter. Die Sonne scheint warm vom Himmel und Vogelgezwitscher umgibt mich.


Ein aufgebockter Trabbi rundet das Bild ab, ich bin in Sachsen-Anhalt. Dieses Mal auf einer schönen neuen Straße und nicht wie schon oft auf einem löcherigen Plattenweg. Die Auswahl "Rennradstrecke" von Naviki ist eine gute Option, die ich ab sofort öfter nutzen werde.


Die Landstraßen zwischen den kleinen Orten lassen sich prima befahren, hin und wieder überholt mich ein Auto. Die Landschaft ist abwechslungsreich, Felder, Wiesen und kleine Waldstücke wechseln sich ab.


Bei Calvörde treffe ich wieder auf den Mittellandkanal. Ein Sportboot schippert ruhig dahin, der Himmel ist blau und es ist herrlich warm.


Berge gibt es hier kaum, es lässt sich einfach prima fahren. Von schlechtem Wetter keine Spur, ich bin völlig entspannt, genieße den Blick in die Umgebung und freue mich über den schönen glatten Radweg.


Haldensleben streife ich nur am Stadtrand bevor ich mitten durch Wolmirstedt fahre. Dann führt mein Radweg auf einer wunderschönen Holzbrücke über die Ohre kurz vor Glindenberg.


Kurz darauf fahre ich durch einen Tunnel unter dem Mittellandkanal hindurch und auf der anderen Seite über eine breite gepflasterte Rampe hinauf zur Kanalbrücke, die den Mittelpunkt des Wasserstraßenkreuzes Magdeburg bildet.


Mit einer Länge von 918 Metern ist sie die größte Kanalbrücke Europas und führt den Mittellandkanal bei Hohenwarthe über die Elbe hinweg. Östlich der Elbe endet der Mittellandkanal und geht in den Elbe-Havel-Kanal über.


Es ist schon ein gewaltiges Bauwerk. Auf einem gepflasterten Weg fahre ich am Kanalufer entlang und kreuze nach einigen Metern die unter mir liegende Elbe.


Ich schaue mich noch eine Weile um. Von hier oben hat man einen schönen Blick auf den Verlauf der Elbe mit ihren vielen Einbuchtungen.


Im weiteren Verlauf unterquere ich den Kanal erneut und komme nach etwa 4 Kilometern an die Niegripper Schleuse.


Von hier aus schaue ich auf den Niegripper Verbindungskanal und den dahinter liegenden Elbe-Havel-Kanal. Diese Bauwerke und die Gestaltung der Umgebung sind interessant und sehenswert und machen die Tour für mich zu einem besonderen Erlebnis.


Naviki führt mich weiter durch Burg nach Grabow. Es ist inzwischen 14.30 Uhr, mein Tacho zeigt 150 km an, Zeit für eine Pause. In einem Park mitten im Ort finde ich eine schattige Bank und esse etwas. Es ist inzwischen sehr schwül geworden, der Schatten ist mir sehr willkommen.


Gut gestärkt setze ich meine Fahrt fort. In und zwischen den Ortschaften animiert mich so mancher Blickfang, wie diese alte Wassermühle, zum Fotografieren.


Bei Ziesar kreuze ich die A2 zum 2. Mal und bin ab hier im Bundesland Brandenburg. Eine Wiese voll gelber Sonnenblumen fesselt meinen Blick.


Ebenso wie eine riesige Pferdeweide bei Groß Briesen. Meine Route führt auf kleinen Straßen durch Dörfer mit viel Vieh- und Landwirtschaft.


Jetzt bewölkt es sich zunehmend und am Himmel bilden sich Gewitterwolken. Hoffentlich erwischt mich das angekündigte Unwetter nicht noch auf die letzten Kilometer. Zwei weitere Male kreuze ich die A2 und habe hier auch die Gelegenheit, mich schlimmstenfalls unterzustellen und auf Peter zu warten, der bereits unterwegs ist.

Aber ich habe Glück, das Gewitter verzieht sich wieder und der Regen geht woanders runter. Um 19.15 Uhr treffe ich bei Sonnenschein in Groß Kreutz ein, hier wollen wir uns treffen.


Ich fahre ein Stück bis zum Norma-Parkplatz. An dessen Rand befindet sich ein schönes Rasenstück, hier werde ich mich niederlassen und etwas ausruhen. Trotz der vielen Kilometer bin ich dank der gut gewählten Strecke und des leichten Rückenwindes noch nicht total ausgepowert.


Eine dreiviertel Stunde später trifft Peter mit dem Womo ein und wir können unsere Fahrt nach Polen fortsetzen.


Route






Tag 2
Samstag, 08. Juli 2017
Sarbinowo (Sorenbohm) - Kolobrzeg (Kolberg) und zurück
61 km


Heute Morgen wachen wir erst um halb 10 Uhr auf aber das Wetter treibt nicht zur Eile, es ist bewölkt und regnerisch. In der Nacht haben wir uns auf den Rasthof einer Tankstelle an der E28 kurz vor Koszalin gestellt. Bis zum geplanten Ziel hätte Peter noch eine knappe Stunde fahren müssen aber die Müdigkeit war stärker. Nach meiner 231-km-Radtour habe ich mich nicht in der Lage gefühlt, ihn beim Fahren abzulösen.

Das war also die erste Nacht in Polen, ich habe geschlafen wie ein Stein obwohl die Bundesstraße vor unserer Nase zu hören war. Wir beschließen spontan, nicht wie geplant weiter nach Darlowo zu fahren sondern von hier aus direkt an die Ostseeküste. In Sarbinowo wollen wir nach einen Campingplatz schauen, die Adresse habe ich von einem Womoportal aus dem Internet.

Inzwischen hat es zu regnen begonnen. Die Straßen werden immer enger, Peter verpasst die Einfahrt zum Campingplatz und wir landen direkt auf einer mit Touristen überfüllten Einkaufsstraße. Im Schritttempo fahren wir an Buden, Marktständen, mehreren Campingplätzen und Ferienhäusern vorbei. Gefallen hat mir das nicht. Zu guter Letzt finden wir beim Verlassen des Ortes etwas abseits an einem holperigen Weg einen Campingplatz mit Stellmöglichkeit für uns. Der Besitzer spricht gebrochen deutsch.

Wir stehen auf einer schönen Wiese, der Platz wird nachts abgeschlossen und ist für umgerechnet knapp 17 €/Nacht incl. Strom, Ver- und Entsorgung für den Anfang erst einmal o.k.


Diese Hürde wäre geschafft. Nach dem Frühstück um halb 12 Uhr klärt es sich sogar auf und wir starten unsere erste Erkundungstour mit den Fahrrädern.


In weiser Voraussicht habe ich mir vorher das "bikeline" Radtourenbuch vom polnischen Ostseeküstenradweg gekauft, neben dem Autoatlas von Polen eine wichtige Orientierungshilfe. Der halbe Tag ist schon um, daher soll unser erstes Ziel das nur knapp 30 km entfernte Kolberg sein.

Gerade haben wir den Trubel der Ortschaft hinter uns gelassen, da tut sich ein abgelegener Zugang zum Strand auf. Wir stellen die Räder ab und schauen kurz hinunter.


Der Strand ist bis auf einige Strandwanderer fast menschenleer und total sauber. In kurzen Abständen sind Müllsäcke aufgestellt.


Wir wollen die Räder nicht so lange unbeaufsichtigt stehen lassen und fahren weiter. Bisher lässt sich der Weg einigermaßen befahren. Von holperigen Platten, festem Sand und Schotter ist alles dabei.

Am nächsten Küstenort Gaski (Funkenhagen) wird die Straße zwischen Ferienhaussiedlungen und Einkaufsmeile zur Baustelle, ich suche nach einem Umleitungsschild. Aber das ist hier nicht vorgesehen. Zwischen Arbeitern, Baggern und Baumaschinen schlängeln sich Lieferfahrzeuge, PKW, Fahrradfahrer und unzählige Fußgänger über den sandigen und unebenen Streckenabschnitt. Die Unannehmlichkeiten scheinen hier keinen zu stören, jeder nutzt den Weg so gut es eben geht. Dann tun wir das halt auch.


Anschließend geht es wieder durch ein Waldstück, vom Regen der letzten Nacht ist der Waldweg ziemlich pampelig. Wir fahren im Slalom um die ärgsten Schlaglöcher und Matschpfützen. 


Zwischendurch ist immer wieder ein Stück Strand und die Ostsee zu sehen. Die Sicherheitsvorkehrungen lassen manchmal zu wünschen übrig.


Der nächste Ort ist Ustronie Morskie (Henkenhagen). Hier fahren wir wieder zwischen Verkaufsständen rechts und links der Straße vorbei, die Fußwege sind voll bummelnder Touristen.


Dann kommen wir auf einen wunderschönen neuen gepflasterten Radweg mit ansprechendem Design. Der Wald rechts und links daneben ist sumpfig und erinnert an den Spreewald. Diese Etappe ist wirklich eine Augenweide.



Es folgt wieder ein Stück Ostseestrand am Wegesrand. Nach anfänglichem Zweifel bin ich schwer begeistert von Polens schöner Natur in dieser Ecke.


Der Ostseeküstenradweg verläuft durch den Ekopark Wschodni (Ökopark Ost), einem 381 Hektar großem Sumpfgebiet am östlichen Stadtrand von Kolberg. Auf einer schönen Holzbrücke fahren wir durch die Moorlandschaft Solne Bagno (Salzsumpf). Die sehenswerte Landschaft ist Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Etliche Vogelarten sind hier beheimatet, das Gezwitscher von ihnen begleitet uns.



Kolberg begrüßt uns mit viel Trubel und Tourismus. Die Hafenstadt an der Parsetamündung befindet sich im polnischen Westpommern. Im 2. Weltkrieg stark zerstört, wurde die Innenstadt im alten Stil wieder errichtet, außerhalb ist die Stadt architektonisch stark durchmischt. Hier ist alles sehr chic, gepflegt und modern, die Deko gut gemacht und ansprechend.


Ab dem 13. Jahrhundert ist Kolberg Mitglied der Hanse. Ein großer Wirtschaftszweig war der Salzhandel, jetzt werden die Solequellen für den Kur- und Bädertourismus genutzt. Die Stadt gilt als größter Kurort Polens.


Wir schieben durch die volle Promenade bis zur Seebrücke. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf die weite Ostsee und den gut besuchten Strand.



Wir fahren weiter und kommen zum Hafen. Neben dem Tourismus ist die Hafen- und Fischereiwirtschaft prägend für Kolberg. Musik dringt aus Lautsprechern, ähnlich wie bei den Marktschreiern werden hier Hafenrundfahrten in nett rekonstruierten Schiffen angepriesen. Fischkutter liegen vor Anker und eine Personenfähre fährt 3 mal in der Woche von hier aus auf die Insel Bornholm.


Eins der ersten Gebäude, die nach dem Krieg neu erbaut wurden, ist der Leuchtturm, der sich auf den Resten eines alten Forts befindet und ein Wahrzeichen Kolbergs ist.  


Wir schauen uns noch eine Weile um, dann essen wir in einer der zahlreichen Buden ein leckeres Fischgericht. Anschließend schieben wir durch die Promenade zurück. Hier reiht sich eine Bude mit Strandartikeln, Schnickschnack und Kulinarischem an die nächste. Dazwischen Fahrgeschäfte und Spielautomaten. Für eine Weile sehr schön und abwechslungsreich aber am Ende der Promenade sind wir froh, wieder aufs Rad steigen zu können.

Wir kommen zurück auf den schönen gepflasterten Weg, den sich nicht nur Fußgänger und Radler teilen. Auch Autos dürfen ihn benutzen um zu ihren Ferienwohnungen, die überall am Wegesrand stehen, zu gelangen.


Zwischen hübschen Ferienhaussiedlungen findet man auch immer mal wieder zugemüllte Grundstücke und Bauruinen. Das gehört hier einfach zum Gesamtbild.


Eine schöne Freiluftkirche liegt auf dem Weg. Etwa 87 % der polnischen Bevölkerung gehört der römisch-katholischen Kirche an.


Nach 20 Uhr fahren wir wieder auf unserem Campingplatz zu. Der Weg dorthin ist eine Zumutung. Erst holpert man über einen unebenen Plattenweg, dann folgt ein mit tiefen Schlaglöchern versehener Schotterweg.


Dafür stehen wir hier gut und fühlen uns sicher. Wir sind die einzigen Wohnmobilisten hier, umringt von kleinen, einfachen Ferienhäuschen. Der Mond steht am wolkenlosen Himmel als wir uns zur Ruhe begeben.


Ich schaue noch einmal aus unserer Tür und sehe einen wunderschönen Abendhimmel über der blühenden Wiese unseres Stellplatzes.







3. Tag
Sonntag, 10. Juli 2017
Strandwanderung
Sarbinowo (Sorenbohm) - Mielno (Großmöllen) und zurück
9 Stunden 



Heute wollen wir einen Strandtag einlegen. Obwohl wir ziemlich abgelegen stehen, ist der Weg nur einen Kilometer lang von unserem Stellplatz bis ans Ufer der Ostsee. Noch ist es frisch und es weht ein kühler Wind aber durch die Bewegung wird uns schnell warm. Meine Fleecejacke landet gleich im Rucksack.


Eine Rampe führt hinunter zum Strand. Ich bin angenehm überrascht, wie sauber es hier ist. Es gibt keine Steine, keine Muscheln, keine Algen oder Tank, keine Quallen und auch sonst keinen Dreck. Es lässt sich wunderbar barfuß laufen.


Bei den Ortschaften gibt es einige Strandaufgänge dort ist der Strand entsprechend mit Badegästen belagert. Dazwischen ist es angenehm leer.


Auf Höhe der Ortschaft Clopy (Bauerhufen) sind einige Fischerboote an Land gezogen. Wir gehen den Strandaufgang hinauf.


Hier wird frisch geräucherter Fisch verkauft. Wir holen uns ein Stück Lachs und am Bäckerstand im Ort 2 Brötchen. Dann laufen wir noch ein Stück weiter am Strand entlang.


An einer etwas abgelegenen und windgeschützten Stelle setzen wir uns hin und essen den leckeren Fisch gleich aus der Tüte.



Frisch gestärkt geht es weiter, immer mit den Füßen im Wasser. Es ist relativ windig, auf den Wellen bilden sich weiße Schaumkronen.



Im Laufe des Tages wird es angenehm warm aber nicht zu heiß, gerade richtig zum Wandern. Der Strand ist auch hier unverändert schön sauber.


Die Dichte der Badegäste am Strand lässt auf den nächsten Ort schließen. In Mielno gehen wir hinauf über die Uferpromenade in den Ort.


Hier herrscht der übliche Trubel: Geschäfte, Buden, Spielautomaten und Fahrgeschäfte säumen den Weg.


Wir suchen uns ein Plätzchen in einem Biergarten und trinken etwas. Hunger haben wir noch keinen, der Räucherfisch hält lange vor.



Wir bummeln noch etwas durch die Fußgängerzone und lassen das bunte Treiben auf uns wirken. Neben dem üblichen Krimskrams gibt es auch besondere Schätze aus der Männerwelt zu bewundern.


Dann gehen wir wieder hinunter ans Wasser und treten den Rückweg an. Es ist bereits 15.30 Uhr und wir haben noch eine gute Strecke vor uns.


Inzwischen ist der Himmel wolkenlos, trotzdem wagen sich nur wenige Badegäste ins Wasser. Die meisten liegen hinter ihren Windschutzmarkisen und faulenzen oder laufen am Strand entlang wie wir. Hinter den Dünen befinden sich einige kleinere Waldstücke.


Gegen Abend kommen wir wieder in Sarbinowo an. Wir bummeln durch den Ort und essen in einem Straßenlokal draußen Pizza und Burger. Nichts typisch polnisches aber lecker. Die Preise sind auch in den Touristenorten umgerechnet etwas günstiger als bei uns.






4. Tag
Montag, 11. Juli 2017
Sarbinowo (Sorenbohm) - Darlowo (Rügenwalde) und zurück
105 km


Heute wollen wir wieder aufs Rad und uns Darlowo ansehen. Ursprünglich wollten wir uns dort unseren ersten Stellplatz suchen. Es ist 8 Uhr und jetzt schon deutlich milder als gestern. Ich hole frische Brötchen von einer Bude an der Strandstraße und wir frühstücken draußen.


Dann brechen wir auf. Der "bikeline" dient als Orientierungshilfe, die Beschilderung ist dürftig. Gleich am Anfang brauchen wir einen zweiten Anlauf um den richtigen Weg zu finden. Hinter Clopy (Bauerhufen) beginnt wieder eine Waldstrecke, schön pampelig und mit vielen Spurrillen. Im Slalom versuchen wir, einigermaßen sauber durch zu kommen, was nicht ganz gelingt.


Am Ende des Waldes vor Mielno führt der Weg an einem rekonstruierten mittelalterlichen Wickingerlager vorbei. Hier wird nach altem Brauch Wurst und Schinken geräuchert.


Peter unterhält sich eine Weile auf englisch mit dem Wickingerdarsteller und kauft ein paar seiner Räucherwaren. Dafür darf er dann fürs Foto einen originalen Wickingerhelm aufsetzen.



In Mielno waren wir gestern zu Fuß, heute fahren wir mit dem Rad durch die vollen Straßen mit ihren Buden und dem touristischen Trubel. Mielno zieht sich in die Länge und geht in den Ort Uniescie (Nest) über, nach etwa 4 km kommen wir an den Jezioro Jamno (Jamunder See). Eine Nehrung, auch als Landenge bezeichnet, trennt ihn von der Ostsee.


Die etwa 10 Kilometer lange Nehrung ist 500 - 750 Meter breit und befahrbar. Hier führt ein schöner Radweg neben der Straße entlang. Hinter einer weiten Heidelandschaft ist auf unserer linken Seite die Ostsee zu erahnen. Rechts von uns schimmert hin und wieder der See durch die Bäume und Büsche.



Auf halber Strecke fahren wir über einen Kanal, der die Ostsee mit dem Jezioro Jamno verbindet. Bauruinen oder verfallene Gebäude tauchen immer mal wieder in der sonst wunderschönen Landschaft auf.


In Lazy (Lasse) endet die Landenge. Dem "bikeline" folgend verlassen wir die Ostsee und fahren ein Stück um den See herum bis Osieki (Wusseken).


Jetzt führt der Weg ins Landesinnere. Wir kommen durch mehrere kleine Dörfer. Man fühlt sich um Jahre zurückversetzt. Die meisten Gebäude sind sehr einfach, alt und teilweise renovierungsbedürftig.


Die Straßen lassen zu wünschen übrig. Die Ortsstraßen bestehen überwiegend aus Kopfsteinpflaster, die Hofeinfahrten sind aus Sand oder Schotter.


Zwischen den Orten gibt es Plattenwege oder einfache Sandwege. Ab und zu kommt uns hier sogar ein Auto in die Quere.


Die Kühe werden in Ermangelung eines Zaunes auf den Weiden einfach angeleint. So geht es natürlich auch!


Ich bin wirklich froh, den "bikeline" dabei zu haben, die Beschilderung des Radweges ist miserabel. Einige Male müssen wir uns dennoch durchfragen. Vorausgesetzt, man trifft jemanden. Die kleinen Orte haben mit den Touristenorten an der Küste nichts gemeinsam. Aber die Menschen hier sind allesamt sehr nett und hilfsbereit. Einige können ein paar Brocken Deutsch oder versuchen, mit Händen und Füßen uns weiter zu helfen.


Ab Bielkowo (Beelkow) fahren wir dann an der Landstraße, die nur teilweise über einen Radweg verfügt. Kurz darauf passieren wir einen weiteren See, den Jezioro Bukowo (Bukower See), der ebenfalls durch eine Nehrung von der Ostsee getrennt ist. Diese ist allerdings nicht durchgehend befahrbar, daher ist auch der Schlenker durchs Inland zu erklären. Hinter Dabki (Damkerort) können wir aufgrund eines militärischen Sperrgebietes nicht zurück ans Ostseeufer, wir erreichen Darlowo über die Landstraße.

Aus Darlowo (Rügenwalde) stammte bis 1945 die in ganz Deutschland bekannte Teewurst. Noch heute wird sie jetzt im Westen unter diesem Namen produziert.

Wir überqueren die Wieprza (Wipper). Im Hintergrund ist das auf einer Flussinsel erbaute Schloss der pommerschen Herzöge aus dem 16. Jahrhundert zu sehen. Das landessprachliche Zamek ksiazat Pomorskich beherbergt heute das Regionalmuseum.


Um den Marktplatz herum präsentiert die Stadt, die im Krieg weitestgehend verschont wurde, ihren architektonischen Reichtum. Die Marienkirche ist ein gotisches Bauwerk aus dem 14. Jahrhundert und gehört heute zur Diözese Koszalin-Kolobrzeg im Erzbistum Stettin-Cammin.


Hier findet man noch einige wenig renovierte Gebäude aus der damaligen Zeit mit abgeblätterten Fassaden. Für uns eher wenig reizvoll. Wir überlegen, ob wir noch weiter ins etwa 3 Kilometer entfernte Darlowko (Rügenwaldermünde) fahren. Das Seebad an der Mündung der Wieprza in die Ostsee ist ein Stadtteil von Darlowo.


Aber es ist bereits 14.30 Uhr und wir entscheiden uns stattdessen für eine Pause im Biergarten am Ufer der Wieprza. Wir essen ein Pierogi- und ein Fischgericht, sehr lecker.


Inzwischen ziehen dunkle Wolken auf, hoffentlich bleiben wir verschont, der Rückweg ist noch weit. Nach 10 Kilometern geht ein heftiger Schauer begleitet von Donnergrollen und Blitzen herunter. Wir schafften es gerade so ein ein Bushäuschen in Dabki. Hier sitzen wir dann bei Gewitter und Starkregen fast eine Stunde fest. Peter hat Gelegenheit, sich um den Tarif seines Handys zu kümmern und ich lese etwas im Radtourenbuch.


Nachdem sich das Gewitter verzogen hat, fahren wir bei Regen weiter. Zum Glück ist es nicht sehr kalt, Regenjacken, kurze Hosen und Sandalen tragen sich angenehm bei Nässe. Den "bikeline" habe ich in der wasserdichten Tasche verstaut, die Beschilderung ist auch hier mies. Wir versuchen uns an die Strecke des Hinweges zu erinnern, bloß jetzt nicht noch irgendwelche Umwege fahren.

Im Nachhinein bin ich froh, auf den Stellplatz hier verzichtet zu haben. In beiden Richtungen um Darlowo befinden sich militärische Sperrgebiete, der Ostseeküstenradweg führt in dieser Ecke überwiegend durch das Inland.

Irgendwann lässt der Regen dann nach und wir kommen ohne Umwege wieder trocken in Sarbinowo an. 3 schöne Tage haben wir hier verbracht und es wird Zeit, weiter zu fahren. Peter lädt die Räder auf und wir machen uns auf den Weg nach Trzebiatow.






Tag 5
Dienstag, 11. Juli 2017
Trzebiatow (Treptow) - Niechorze (Horst) - Dzwirzyno (Kolberger Deep) - Trzebiatow
68 km


Die Fahrt war nicht besonders lang, am späten Abend sind wir gestern in Trebiatow angekommen und haben auf dem Parkplatz eines Supermarktes und einer CarWash-Anlage übernachtet.

Wir haben gut geschlafen und schauen uns um. Der Platz ist relativ ruhig, wir stehen keinem im Weg und haben auch nicht das Gefühl, beobachtet oder strafend angeschaut zu werden. Also beschließen wir, auf die geschützte Umgebung eines Campingplatzes zu verzichten und bleiben hier stehen.


Trzebiatow liegt am Ostseeküstenradweg und am Fluss Rega, der Parkplatz, auf dem wir stehen, befindet sich in unmittelbarer Nähe des Flussufers.


Der erste Weg führt uns mit den Rädern in die Stadt. Den Rega, der 11 Kilometer weiter in die Ostsee mündet, überqueren wir dabei 2 mal. Die Umgebung ist schön und nicht so touristisch wie in den Küstenorten.


Um den Marktplatz herum befindet sich der bis heute gut erhaltene historische Stadtkern mit mittelalterlichem Charakter. Im Hintergrund steht die katholische Marienkirche, vor 1945 war sie evangelische Stadtpfarrkirche.



Wir durchfahren die Stadt und schauen uns etwas um. Dann geht es weiter. Die Hauptroute und die Alternativroute des Ostseeküstenradwegs ergeben von hier aus eine Rundtour, die wir heute fahren wollen.

Die ersten 4 Kilometer müssen wir an der viel befahrenen 102 ohne Radweg entlang. Der "bikeline" hat die Fertigstellung für 2015 in Aussicht gestellt, leider weit gefehlt, hier ist bisher noch nichts geschehen. Die Autos rauschen an uns vorbei, nicht gerade ein Vergnügen. Wir sind froh, dass wir heute einen Rundkurs fahren und hier nicht noch einmal lang müssen.

Ab Zapolice gibt es dann endlich wieder einen schmalen Radweg auf der linken Seite. Ein Hinweisschild am Straßenrand unterstreicht den dörflichen Charakter und bringt mich zum Schmunzeln.


Ebenso charakteristisch für diese Gegend ist die Baufälligkeit einzelner Gebäude, wie hier die alte Scheune am Wegesrand. Trotzdem wirkt sie irgendwie idyllisch und passt zu der Landschaft. 


Wir kommen noch durch einige weitere kleine Dörfer. Hier gibt viele Bauernhöfe, landwirtschaftliche Betriebe und schmutzige Straßen.




Ab Pogorzelica (Fischerkaten) wird es dann wieder etwas moderner. Der Ort in Ostseenähe ist auf Tourismus eingestellt. Wir biegen nach links ab und fahren auf einem vorbildlichen neuen Radweg neben der Bahn entlang. 


Das Fischerdorf und Seebad Niechorze (Horst) begrüßt uns mit gepflegter blühender Deko. 


Wir schieben unsere Räder durch die Buden und Stände und schauen hinunter zum Strand. Etwas neues gibt es nicht zu entdecken. In einem Straßenimbiss essen wir eine Kleinigkeit. 


Beim Verlassen des Dorfes kommt uns ein bunter, musizierender Zug Hare-Krishna-Anhänger entgegen, verbreitet gute Laune und lockert des übliche Bild erheblich auf.


Wir lassen die bunten Buden und den Trubel hinter uns und begeben uns auf die Alternativstrecke des Ostseeküstenradweges. Diese führt erst einmal auf einem gut festgefahren Weg durch den Wald. Die Fahrradwegweiser werden hier, wie auch auf den bisherigen Strecken, mittels Schablone an die Bäume gesprüht und sind mal mehr oder weniger gut zu erkennen.

Im Wald wachsen großflächig Blaubeeren, die nur darauf warten, abgeerntet zu werden. Wir naschen einige davon und fahren weiter. 


Der Weg wird zum holperigen Plattenweg und führt an einem eingezäunten Militärgelände vorbei. 


Jetzt weiß ich auch, warum es sich um die Alternativstrecke handelt, es folgt mehrere Kilometer übelstes Kopfsteinpflaster. Wir balancieren auf dem festgefahren schmalen Seitenstreifen, um nicht ganz so arg durchgeschüttelt zu werden. 


Trotz alledem ist dieser Weg schön und sehenswert. Bis auf ein Militärfahrzeug ist hier kein Autoverkehr, nur einige Radler begegnen uns. Durch einen schmalen baumbewachsenen Streifen ist das Glitzern der Ostsee zu sehen.
  
Dann kommen wir an einen Aussichtspunkt mit direktem Blick auf Dünen, Strand und die Ostsee. Hier gibt es auch einen Zugang zum Strand. 


Danach folgt wieder ein Waldweg, die Kopfsteinpflasterstrecke haben wir hinter uns. Hier lässt es sich wieder prima fahren, die Gegend im lichten Wald ist wunderschön.


Jetzt überqueren wir den Rega, der hier bei Mrezyno (Treptower Deep) in die Ostsee mündet. 


Der Hafen des Fischerdorfes und Badeortes an der Ostseeküste ist sauber und gepflegt. 


Wir fahren noch ein Stück weiter an der Ostsee entlang und passieren den zu unserer Rechten liegenden Jezioro Resko Przymorskie (Kamper See). 

Ein Gedenkstein am Wegesrand erinnert an eine schreckliche Begebenheit in der Endphase des 2.Weltkrieges: Kinder aus den Lagern der Landverschickung und andere Flüchtlinge sollten per Flugzeug nach Rügen evakuiert werden. Am 5.März 1945 stürzte ein Flugboot vom Typ Dornier DO 24 kurz nach dem Start ab und versank im See. Als Unglücksursache galt lange die starke Überladung der Maschine, heute weiß man, dass es ein Beschuss der Roten Armee war. Die 4-köpfige Besatzung und mehr als 70 Passagiere, überwiegend Kinder,verloren dabei ihr Leben. Das Wrack mit den Leichen wurde nicht geborgen und liegt bis heute am Grund des Jezioro Resko Przymorskie. 


Wir überqueren den Kanal Resko, der den See bei Dzwirzyno (Kolberger Deep) mit der Ostsee verbindet. 


Am Ufer des Kanals befindet sich wieder eine Vergnügungsmeile mit Lebensmittelbuden, Tischen und Bänken, Riesenrad und weiteren Attraktionen. 


Hier lassen wir uns nieder, trinken ein Bier und relaxen eine Weile in der Sonne, bevor wir umdrehen und den Rückweg antreten. Die 8 km bis Mrzezyno geht es auf gleicher Strecke zurück. 


Eine Weile suchen wir nach dem richtigen Weg, Schilder sind mal wieder Mangelware. Wir studieren den "bikeline" und fragen uns durch bis wir den Ostseeküstenradweg wiederfinden, der hier durchs Inland nach Trzebiatow zu unserem Stellplatz führt. 

Im Ort Roby (Robe) scheint die Zeit wieder stehen geblieben zu sein. Auf einer schmalen, mit Schlaglöchern gespickten Dorfstraße fahren wir an alten Bauernhöfen und Wohnhäusern vorbei, ein Storchenpaar mit zwei Jungen sitzt in dem vollen Nest hoch oben auf einem Strommast und lässt sich durch uns nicht stören.


Auch im nächsten Dorf ist das Bild ähnlich, viele alte Bauernhöfe, Kühe und Ziegen auf der Weide, einige Hühner schlüpfen durch den löchrigen Zaum am Grundstück und picken das frische Gras vom Straßenrand. Eine Katze liegt auf der Straße in der Sonne und ein Hofhund beobachtet uns gelangweilt von der sandigen Hofeinfahrt aus, bevor er mit halb geöffneten Augen weiter döst. 


Die Gegend ist grandios, weite Wiesen und Felder erstrecken sich rechts und links unseres Weges. Schon von Weitem können wir die Marienkirche von Trzebiatow über den Feldern sehen und sind kurze zeit später am Womo.


Im Supermarkt kaufen wir noch ein paar Lebensmittel ein bevor wir uns auf den Weg zu unserem nächsten Ziel Richtung Westen machen.

Noch vor dem geplanten Ziel sehen wir bei der Ortschaft Trzesacz (Hoff) ein paar Wohnmobile in einem Seitenweg in Küstennähe stehen. Spontan beschließen wir, uns dazu zu stellen. Der Weg ist allerdings sehr uneben, die tiefen Matschlöcher sind kaum zu umfahren, das Womo schaukelt bedenklich hin und her. Wir bleiben auf einer einigermaßen ebenen Stelle am Feld stehen. Vor und neben uns riesige Pfützen und tiefe Spurrillen, hoffentlich fahren wir uns hier nicht fest. 

Vor dem Schlafengehen fotografiere ich noch den wundervollen Ausblick mit dem schönen Sonnenuntergang direkt vor unserer Nase. 









Tag 6
Mittwoch, 12.Juli 2017
Rewal (Rewahl) - Miedzywodzie (Heidebrink) und zurück
63 km


Nachdem wir hier eine ruhige und zum Glück trockene Nacht verbracht haben, beschließen wir, weiter zu fahren. Die Gefahr, dass der Feldweg durch den angekündigten Regen noch matschiger wird oder wir zugeparkt werden und uns festfahren, ist zu groß.


Ich schaue noch einmal an der Steilküste hinunter zur Ostsee, wunderschön aber auch nicht ungefährlich. So weit reicht meine Naturverbundenheit dann doch nicht. 


Noch vor dem Frühstück verlassen wir den an sich sehr schönen Naturparkplatz wieder. Peter schafft es, das Womo unbeschadet aus dem Schlamassel herauszufahren. 


Wir fahren einen Ort zurück und stellen uns auf den Parkplatz einer Tankstelle und eines Baumarktes im Industriegebiet von Rewal. Nach dem Frühstück fahren wir mit den Rädern los. Für heute ist Regen angesagt, noch ist es heiter bis wolkig und angenehm warm. 


Je weiter wir nach Westen kommen, desto moderner und schicker sind die Küstenorte. Ähnlich wie auf der deutschen Seite der Ostsee. Hier sind selbst die Kreisel auf den Straßen hübsch gestaltet und bepflanzt. 


Zuerst schauen wir uns Rewal an. Auf dem sauberen Dorfplatz befinden sich neben großen Blumenkübeln und zahlreichen Bänken 2 große Wal-Skulpturen, einige Kinder testen daran ihre Kletterkünste. Auf der Seebrücke dahinter kann man weit über die Ostsee und den Strand blicken. 



Wir fahren weiter und suchen die Schilder. Irgendwo haben wir den Anschluss verpasst und müssen umdrehen, da wir in die falsche Richtung fahren. Dann kommen wir wieder an der Tanke vorbei, wo unser Womo steht, na toll, einmal im Kreis gefahren! Also auf ein Neues, wir studieren den "bikeline", eine absolut sinnvolle Investition und schon oft gebraucht. 

Beim 2. Anlauf klappt es dann und wir finden den Ostseeküstenradweg, den Euro Velo 10 (R10), der die gesamte Ostsee umrundet. Die Häuser sind neu und modern, die Straßenbäume sauber gestutzt.


Pobierowo (Poberow) kündigt sich mit der schon bekannten Rummelplatz-Atmosphäre an.


Rechts und links der Straße sind Verkaufsstände und Buden mit Krimskrams für Touristen, Essbuden mit Fotos von den Gerichten und Spielautomaten. In der Mitte der Straße befinden sich überdachte Biergärten.


Der Badeort verfügt über eine ausreichende Infrastruktur und gehört zur Gemeinde Rewal. Wir brauchen eine ganze Weile, bis wir durch den Ort sind. Die Gestaltung der öffentlichen Flächen ist floral, farbenfroh und sehr geschmackvoll angelegt.


In allen Badeorten befinden sich zahlreiche, teilweise neue, moderne Ferienhaussiedlungen und Campingplätze.


Die Gegend westlich von Pobierowo ist sehr waldreich, die Schilder sind auch hier an die Bäume gesprüht. Wir fahren ein ganzes Stück auf Waldwegen, die in alle möglichen Richtungen abzweigen. Wahrscheinlich ist die Beschriftung mal wieder abgeblättert, zugewachsen oder der Baum wurde gefällt, jedenfalls landen wir wieder auf der vielbefahrenen 102. Nach einigen Kilometern wird es nervig, viel Verkehr, sehr laut und ziemlich gefährlich. Wir fahren ganz weit rechts und hoffen, die Autofahrer sehen uns rechtzeitig, die meisten überholen großzügig.


Am nächsten Waldweg orientieren wir uns. Wir sind kurz vor Dziwnowek (Walddievenow), fahren wieder in den Wald hinein und finden kurz darauf den ausgeschriebenen Radweg wieder. Der weitere Weg führt dann wieder an der Straße entlang, dieses Mal ist ein Radweg vorhanden. Am Hafen von Dziwnow (Berg Dievenow) werden Fisch und Krabben verkauft.


Dziwnow befindet sich auf einer Landzunge zwischen der Dziwna-Mündung und der Ostsee. Wir fahren an einer meterlangen Autoschlange vorbei, die Zugbrücke über dem Fluss steht offen und verursacht den Stau. Als Radfahrer können wir uns vordrängeln und gehören zu den Ersten, die ihren Weg nach Schließen der Brücke fortsetzen können.


Die Straße auf der Landzunge verfügt über einen Radweg, der ebenso wie die Straße selbst aus alten Platten besteht und übelst holperig ist. Alle Autos der langen Autoschlange ziehen an uns vorbei und holpern über jeden Absatz der Straße.

In Miedzywodzie (Heidebrink) schieben wir durch die Bummelmeile. Die Ortskerne an der Ostseeküste ähneln sich, etwas Neues ist nicht zu entdecken. Um die Mittagszeit setzen wir uns in einen Imbiss, essen etwas und treten den Rückweg an.

Einen Teil der Strecke haben wir noch im Gedächtnis, manchmal muss mein "bikeline" weiterhelfen. Wir wollen nicht wieder aus Versehen auf der vielbefahrenen Straße landen. Dieses Mal klappt es besser, der Waldweg ist sehr schön und wir geben uns Mühe, keines der Schilder zu übersehen.


Einmal führt der Weg dicht an der Küste vorbei. An einem Steilhang haben wir eine wunderbare Aussicht auf die Ostsee. Wir genießen noch einmal den Ausblick auf den menschenleeren Strand, es soll der letzte in diesem Urlaub sein.



Es ist kühler geworden und fängt an zu stippeln, wie angesagt. Wir ziehen die Regenjacken an, der Regen wird immer stärker. Pobierowo durchfahren wir mit übergestülpten Kapuzen, Regentropfen laufen mir in die Augen und behindern die Sicht. Nicht schlimm, wir haben alles gesehen, was wir sehen wollten. Den Wald lassen wir hinter uns, die letzten Kilometer bis zum Womo haben wir einen ebenen Radweg, der sich auch bei Regen gut befahren lässt.

Im Womo sitzen wir trocken, zeitweilig schüttet es. Wir relaxen für den Rest des Nachmittags und bereiten uns auf die Weiterfahrt vor. Stettin soll das nächste Ziel sein.





Tag 7
Donnerstag, 13. Juli 2017
Szczecin (Stettin) 
10 km


Als wir in Stettin wach werden, hat der Regen nachgelassen. Gestern Abend und in der Nacht hat es geschüttet wie aus Eimern. Die Fahrt hierher war zwar kurz aber anstrengend, die Scheibenwischer liefen auf Hochtouren, unter den Brücken stand das Wasser meterhoch. Die Zufahrt zum Stellplatz gab es nicht mehr und wir haben auf einer etwas erhöhten Betonplatte in Nähe der Westoder einen spontanen Platz für die Nacht gefunden. Der Verkehr ist aufgrund des Regens fast zum Erliegen gekommen.

Stettin ist die Hauptstadt von Westpommern. Wir schauen uns um, bis auf die evangelische St.-Trinitatis-Kirche im Hintergrund sieht diese Ecke wenig einladend aus.


Nach dem Frühstück beschließen wir, hier stehen zu bleiben und mit den Rädern erst einmal die Stadt zu besichtigen. Ich habe nur den Stadtplan der polnischen Autokarte als Orientierungshilfe. Beim Überqueren der Westoder sehen wir direkt vor uns die katholische Jakobikirche und links daneben die  ebenfalls katholische St.-Johannes-Evangelist-Kirche im Zentrum der Stadt.


Etwas weiter thront rechts auf einer Anhöhe das Stettiner Schloss, landessprachlich das Zamek Ksiazat Pomorskich (Schloss der pommerschen Herzöge).


Wir fahren hinunter auf den Bulvar Piastowski, einer neu gestalteten Promenade am Ufer der Westoder.



Einige Meter weiter stehen wir dann vor den Treppenstufen, die hinauf zum Schloss führen. Wir schieben die Räder auf einer Rampe neben den Stufen hinauf und betreten den Innenhof. Die ehemalige Residenz der Herzöge von Pommern wurde im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und in der Volksrepublik Polen wieder aufgebaut. Das Schloss zählt heute zu den größten Kulturzentren Westpommerns. Hier schauen wir uns eine Weile um bevor wir weiter fahren.


Auf einem großen Platz befindet sich eine riesige Statue, der Engel der Freiheit. Aufgestellt im Gedenken an die Opfer des Werftarbeiterstreiks 1970, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen.
Dahinter die polnisch-katholische Kirche St.-Peter-und-Paul.


Wir suchen noch eine Weile nach "dem Highlight" aber so richtig spricht uns hier nichts an. Es ist halt eine Großstadt mit viel Verkehr. Auf einer kurzen Fußgängerzone mit schön restaurierten Gebäuden befinden sich viele Lokalen mit Tischen und Stühlen unter ausgefahrenen Markisen. Trotz Mittagszeit herrscht hier gähnende Leere, wir schieben weiter bis zum Kreisel, der durch eine riesige laute Baustelle blockiert ist.


Irgendwie haben wir keine Lust mehr, hier zu bleiben. Eine Fahrradkarte von der Umgebung habe ich nicht, für Radtouren zum Stettiner Haff bin ich zu schlecht vorbereitet. Wir überlegen uns, heute schon nach Deutschland rüber zu fahren. Vorher verprassen wir an einer Dönerbude kurz vor der Brücke zur Westoder noch das letzte polnische Hartgeld.



Eberswalde - Brodowin und zurück
48 km


Ich schaue auf die Autokarte. Eberswalde liegt auf der Strecke, hier wollen wir die letzten eineinhalb Tage unseres Urlaubs verbringen. Wir fahren über die Grenze nach Deutschland und sind nach ca. 100 Kilometern am Ziel. Wir finden einen schönen Parkplatz gegenüber des Industiedenkmals Borsighalle, einer ehemaligen Walzwerkhalle, die zuletzt als Erweiterungsbau für die Eisenspalterei genutzt wurde.


Eberswalde im Bundesland Brandenburg liegt etwa 50 km nordöstlich von Berlin und ist die Kreisstadt des Landkreises Barmin. Es ist erst kurz vor 17 Uhr, das Wetter ist super und wir wollen noch eine Runde drehen. Ich schaue in die Autokarte nach einem geeigneten Ziel für den späten Nachmittag. Bis nach Brodowin am Parsteiner See sind es laut Naviki 25 km, das ist heute noch zu schaffen.

Gleich zu Anfang führt uns Naviki auf den Treidelweg des Finowkanals. Der unter Denkmalschutz stehende Kanal ist Deutschlands älteste künstliche Wasserstraße, die noch in Betrieb ist.


Der 32 Kilometer lange Finowkanal ist die Verbindung vom Oder-Havel-Kanal zur Havel-Oder-Wasserstraße und führt mitten durchs Zentrum von Eberswalde.


Wir sind begeistert von dem wunderbar angelegten Radweg durch die Natur am Ufer des Kanals.


Vor der dritten Schleuse biegen wir auf einen Radweg der L200 ab, der teilweise durch eine Baumreihe getrennt von der Landstraße verläuft.


Nach 10 Kilometern fahren wir auf das Kloster Chorin in der Nähe des gleichnamigen Ortes zu.


Die ehemalige Zisterzienserabtei aus dem Jahre 1258 wurde nach dem beginnenden Verfall teilweise rekonstruiert und ist heute als Baudenkmal der Backsteingotik ein Teil im Deutsch-Polnischen Klosternetzwerk.


Wir nehmen uns die Zeit und fahren über des Gelände rings um das Kloster am Amtsee. Garten und Parkanlagen sind gepflegt und schön angelegt.



Dann fahren wir auf einem Waldweg über einen Hügel durch die Ortschaft Chorin, überqueren die L200 und kommen in ein weiteres Waldstück. Der Waldweg ist gut befahrbar und sehr idyllisch. Nach 4 Kilometern passieren wir die Dorfkirche Brodowin.


Wir fahren durch die Brodowiner Dorfstraße des Ökodorfes mit einem ganz besonderen Charme. Hofläden, eine Gastwirtschaft, eine ganz besondere Bücherei und hübsche Vorgärten prägen das Dorfbild. Der hiesige Verein "Ökodorf Brodowin" hat das Ziel, ökologische Landwirtschaft, Naturschutz, Tourismus und Dorfleben zu fördern.


Wir schauen uns noch etwas um bevor wir den Rückweg antreten. Passend zum Dorfcharakter fährt uns ein Oldtimer über den Weg und ein Strochenpaar schaut uns von seinem Nest hinterher.



Für die 7 Seen, die das Dorf umgeben, ist heute leider keine Zeit mehr. Wir fahren den gleichen Weg zurück und sind um 20.30 Uhr wieder am Womo.



Route Naviki





Tag 8
Freitag, 14. Juli 2017
Eberswalde - Marienwerder - Eichhorst - Joachimsthal - Althüttendorf - Liepe - Eberswalde
76 km



Der letzte Tag unseren Urlaubs bricht an, ich füttere das Navi mit einigen Zwischenzielen, die am Werbellinsee und am Grimnitzsee liegen.

Da uns der Treidelweg am Finowkanal so gut gefallen hat, befahren wir ihn heute in die andere Richtung. Im Zuge der Umgestaltung alter Industrieruinen zu Landschaftsparks passieren wir kurz darauf das leerstehende Gebäude der alten Papierfabrik Wolfswinkel. Zum Teil ist es für Touristen zugänglich, die oberen Etagen bieten einen Panoramablick auf das Finowtal.


Der Weg ist an Schönheit kaum zu überbieten. Bäume und Sträucher säumen den Radweg neben dem Kanal.


Das Wasser schimmert durch die Büsche und glitzert in der Sonne.


Wir halten immer wieder an und fotografieren die Gegend am Finowkanal, die einfach wunderschön ist.


Selbst die verwitterte Eisenkonstruktion einer alten Brücke passt mit seinem morbidem Flair perfekt in die Landschaft.



In Marienwerder finden wir Fahrradschilder nach Eichhorst, ich kann das Navi wieder aus machen.


Hinter der Eichhorster Schleuse kommen wir an den Werbellinkanal, eine der ältesten Wasserstraßen Deutschlands und von besonderer Bedeutung weil hier der Radfernweg Berlin-Usedom entlangführt. Wir beobachten eine Zeit lang den Schleusvorgang eines Bootes bevor wir dem Radweg folgen.



Bei Wildau erreichen wir den Segelboothafen am südwestlichen Ufer des Werbellinsees.


Der Radweg führt mal näher und mal weiter entfernt an der westlichen Seite des Werbellinsees entlang.



Einige Kilometer fahren auf dem Radweg an der L220, der Seerandstraße. Jetzt fällt unser Blick auf ein Sumpfgebiet auf unser linken Seite. Abgestorbene Baumstümpfe ragen aus dem Wasser, auf dieser Strecke wird es nicht langweilig.


Dann verlassen wir die Landstraße und folgen dem Weg etwas erhöht durch ein Waldgebiet. Den See können wir unter uns noch sehen.


Ein Naturstillleben in Form eines abgestorbenen Baumes zieht am Wegesrand meinen Blick auf sich.


Hinter Joachimsthal erreichen wir den Grimnitzsee. Der Radweg führt auf dem Seeweg durch ein Waldstück bis nach Althüttendorf.


In einer Waldgaststätte mit Biergarten machen wir Mittagspause und essen etwas bevor wir unsere Radtour fortsetzen.  Althüttendorf verabschiedet sich mit einer wunderschönen Heidelandschaft.


Wir befinden uns im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Hier gibt es neben anderen Gehölzen riesige Kiefern- und Buchenwälder sowie uralte Eichen. Das nächste Zwischenziel soll Oderberg sein. Die Fahrradschilder führen uns auf einem anfangs schönen Waldweg, der sich gut befahren lässt. Irgendwo müssen wir dann aber falsch abgebogen sein, wir finden kein Anschlussschild mehr und kommen auf einen üblen Kopfsteinpflasterweg, der nicht enden will.

Nach etlichen Kilometern tut uns von der Holperei alles weh. Ich versuche, per Handy den Standort zu ermitteln, leider erfolglos, weil wir hier keinen Empfang haben. Außerdem werden wir in Sekunden von hunderten Mücken attackiert, sobald wir anhalten. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter zu fahren.

Nach etwa 10 Kilometern Kopfsteinpflaster kommen wir an einen Schilderbaum, bis Oderberg sollen es noch 8 Kilometer sein. Auf diesem Weg? Nein danke! Der naheliegendste Ort ist das 2,5 Kilometer entfernte Liepe. Keine Ahnung, wo das ist aber diese Richtung schlagen wir ein, ich will so schnell wie möglich raus aus dem Wald.


Endlich haben wir es geschafft und haben wieder glatten Boden unter den Reifen. Ich muss meine Knochen sortieren und atme erst einmal tief durch.


Die Weiterfahrt ist eine Wohltat. Oderberg lassen wir aus und fahren weiter zum Schiffshebewerk Niederfinow. Das geschützte Industriedenkmal wurde 1934 in Betrieb genommen und ist das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk Deutschlands. Für wenig Geld könnte man das Bauwerk besteigen und den Hebevorgang der Schiffe beobachten, doch dafür sind wir nach der unsanften Wegstrecke zu kaputt.


Wir fahren weiter Richtung Eberswalde. Von weitem sehen wir ein Schiff über die Wiese fahren. In Wirklichkeit fährt es auf dem Finowkanal, in dessen Nähe wir uns wieder befinden.


Das letzte Stück des Weges fahren wir wieder durch die wunderschöne und sehenswerte Landschaft.


Gegen Abend sind wir an unserem Stellplatz in Eberswalde. Damit geht ein schöner Urlaub mit vielen neuen Eindrücken von Polen und Brandenburg zu Ende.



Route (rekonstruiert)