Kurzurlaub Wittenberge, Elbe
13. und 14. Oktober 2016
177 km
Tag 1
Donnerstag, 13. Oktober 2016
Wittenberge – Havelberg –
Wittenberge
86 km
Ich
habe 2 Tage frei und mich mit meiner Freundin Marion zu einem Trip an die Elbe
verabredet. Wir sind gerade in Wittenberge angekommen. Die Stadt im Bundesland
Brandenburg liegt am nördlichen Ufer der Elbe. Am Sportboothafen der Stepenitz, die an dieser Stelle zusammen mit
der Karthane in die Elbe mündet, ist unser
Stellplatz und Startpunkt für die heutige und morgige Radtour.
Um
10.15 Uhr sind wir auf der Strecke, das
Wetter ist eher bescheiden, kühle 8 Grad
und bewölkt. Ich ziehe einen dicken Pulli
unter die Regenjacke und Handschuhe an. Ein eisiger Ostwind bläst uns entgegen
als wir am „Schaukelschiff der Zeitreise“ des Künstlers C.Uhlig vorbeikommen. Hier stehen auch die
ersten Schilder des Elberadweges. Wir entscheiden uns für Havelberg als
heutiges Tagesziel.
Erst
fahren wir am Ufer der Stepenitz entlang. Von weitem sehen wir die
blaue Brücke über Stepenitz und Karthane sowie die Eisenbahnbrücke über die
Elbe.
Mein
Navi schalte ich gleich wieder aus, an Fahrradschildern mangelt es hier nicht.
Wir fahren erst durch die Altstadt, dann über die blaue Brücke und kommen ans
rechte Elbufer. Der Radweg führt zum Teil oben auf dem Elbdeich entlang, weite
Überflutungswiesen erstrecken sich zwischen uns und der Elbe.
Es folgen ab und
an kleine Ortschaften und eine Umleitung die uns auf einem Trampelpfad durch
die Botanik führt.
Hier in den Flussauen gibt es zahlreiche Gewässer neben der Elbe. Die Biosphären- und Naturschutzgebiete im Elbverlauf sichern den Erhalt der immer noch ursprünglichen Flusslandschaft, obwohl die Elbe auch als Wasserstraße genutzt wird.
Die
intakten Auwälder, Wiesen und die trockenen Dünen bieten vielen seltenen
Tieren und Pflanzen
natürliche Lebens- und Rückzugsräume.
Einige
Zeit später kommen wir durch Rühstädt, das storchenreichste Dorf
Deutschlands. Zahlreiche Nester sind auf den Dächern gebaut, zu dieser
Jahreszeit leider unbewohnt, die Störche haben sich längst in wärmere Regionen
aufgemacht.
Dann
passieren wir das Wehr Gnevsdorf und begleiten den Gnevsdorfer Vorfluter, einen etwa 11 km langen
Kanal zwischen Havel und Elbe, der zum hiesigen Hochwasserschutzsystem gehört.
Ein
Stück weiter klettern wir auf einen Aussichtsturm und können hinter dem Kanal
die parallel verlaufende Elbe sehen.
Als wir den Turm verlassen, regnet es. Ich
ziehe meine Kapuze über den Kopf und wir fahren weiter. Gegenwind und Regen –
gemütlich ist was anderes.
Als wir nach einer Weile die Havel erreichen, lässt
der Regen nach. Meine Hose ist inzwischen nass, bei der Kälte fange ich an zu
frösteln. Bis
Havelberg geben wir nochmal ordentlich Gas und hoffen, dass es sich aufklärt.
Der Himmel sieht aus als käme gleich der nächste Guss.
Über
die Brücke des Stadtgrabens kommen wir in die Hansestadt Havelberg. Im Hafen liegen einige kleine
Sportboote, eine Fontäne sprüht Wasser in die Luft. Trotz des trüben Wetters
sieht es hier sehr idyllisch aus.
Die
Besichtigung des auf einer Anhöhe liegenden Doms sparen wir uns, im Moment
haben wir mehr Lust auf einen heißen Kaffee. Wir fahren einmal durch die Altstadt und hoffen auf eine Bäckerei in der
Nähe. Die erste, die wir sehen ist unsere. In einer gemütlichen Sitzecke wärmen
wir uns erst einmal auf und essen etwas. Die
Pause hat gut getan, zum Glück ist es trocken geblieben. Wir folgen der guten Beschilderung und machen uns auf den Weg zur nahe
gelegenen Elbe, die wir überqueren wollen.
Eine wunderschöne alte Eiche am
Wegesrand lässt uns dann nochmal kurz anhalten und die Fotoapparate zücken.
Kurze Zeit später bringt uns eine Fähre für 2 € pro Person auf die linke Elbseite nach Räbel.
Jetzt
folgen wir dem Elberadweg flussabwärts und kommen in die Hansestadt Werben, die
drittkleinste Stadt Sachsen-Anhalts. Schon von weitem grüßt die St.
Johanniskirche, ein Bilderrahmen animiert zum Fotografieren.
Dann rollen wir durch das Elbtor, das letzte von einst fünf Stadttoren aus dem Jahre 1460-70.
Wir
drehen eine Runde um den Marktplatz, das markanteste Gebäude hier ist das
Rathaus mit der König-Gustav-Säule.
Eine Pause ist noch nicht wieder dran,
außerdem müssen wir in Bewegung bleiben um nicht zu frieren, deshalb halten wir uns
nicht lange auf und fahren weiter. Der Weg führt überwiegend auf dem Elbdeich
entlang und der Rückenwind treibt uns angenehm schnell vorwärts. Es folgen
wenige kleine Ortschaften und ganz viel Natur.
Die
Wolken hängen immer noch tief aber bis auf
ein paar Tropfen bleiben
wir auf
dem Rückweg trocken. Von weitem können wir schon die Eisenbahnbrücke sehen, die
uns auf die rechte Elbseite nach Wittenberge bringen soll. Getrennt von den
Schienen hat die Brücke einen schmalen Steg für Radfahrer und Fußgänger. Wir
holpern über Holzbohlen, die laut krachend unter unseren Rädern nachgeben.
Nach
über einem Kilometern haben wir die Flutwiesen und die Elbe überfahren und sind
wieder in Wittenberge. Es
ist kurz nach 17 Uhr, die Stadtbesichtigung machen wir mit den Rädern. Die
katholische Kirche St. Heinrich ist ein Foto wert und das wunderschöne Gebäude
der Jahn-Schule.
Nebenbei halten wir Ausschau nach einem griechischen
Restaurant, die Kälte zehrt an den Kräften und macht hungrig. Der
Grieche hat leider wegen Renovierungsarbeiten geschlossen, dafür kehren wir
beim Italiener gegenüber ein. Das Lokal sieht sehr einladend aus und ist vor
kurzem erst neu eröffnet worden. Zum
Abschluss des Tages essen wir sehr leckere Pizza und Pasta.
Als wir das Lokal
verlassen ist es bereits stockfinster und richtig kalt. Ich
lasse uns von Naviki die 2 km durch die Stadt bis zum Womo
führen. Bereits um 21 Uhr liegen wir erschöpft in den Kojen und schlafen
ziemlich schnell ein.
Tag 2
Freitag, 14. Oktober 2016
Wittenberge – Lenzen – Wittenberge
91 km
Gut
ausgeschlafen sitzen wir heute morgen am Frühstückstisch im gemütlichen Womo.
Der für Punkt 8 Uhr angekündigte Brötchenservice lässt leider auf sich warten
also essen wir Brot und sind satt als die Brötchen nach einer halben Stunde
Verspätung doch noch gebracht werden.
Um
kurz vor 9 Uhr sind wir bereits auf der Strecke, unser heutiges Ziel Dömitz ist etwas weit gesteckt aber zu
schaffen. Wir wählen für die Hinfahrt die linkselbische Seite und nehmen den kleinen Umweg
über die sichere Eisenbahnbrücke zur anderen
Elbseite in Kauf. Die direktere Bundesstraße ohne Radweg ist uns zu gefährlich.
Wir donnern wieder über die Holzbohlen und schauen von oben auf die Elbe und
die weite Wiesenlandschaft mit den weidenden Kühen.
Dann folgen wir den
Wegweisern und fahren auf einem
schönen Wirtschaftsweg von Ort zu
Ort. Hinter Wahrenberg führt der Weg für ein kurzes Stück
direkt am Elbufer entlang.
Es ist diesig und genauso kalt wie
gestern aber durch den Rückenwind kommen wir gut voran. Wir
verlassen das Ufer, der Weg führt uns durch die Wiesen, über das Flüsschen
Aland und durch die Ortschaften Wanzer und Aulosen.
Eine schöne und
abwechslungsreiche Strecke. Es klärt sich immer mehr auf und die Sonne kommt
langsam zum Vorschein. Wir schauen uns die Gegend an, genießen die Natur,
quatschen und folgen so ganz nebenbei den grünen Pfeilen auf den
Fahrradschildern.
Irgendwann
fällt mir auf dass wir schon ungewöhnlich lange Gegenwind und die Sonne von
vorn haben obwohl unser Ziel im Nordwesten liegt. Das nächste Schild weist
Richtung Arendsee, ich bremse ab und stutze. Marion
bemerkt, dass wir eigentlich schon längst in Schnackenburg sein müssten. Sieht so aus als
hätten wir das fast Unmögliche geschafft: Wir haben uns trotz der guten
Beschilderung verfranst. Warscheinlich sind wir ab Aulosen einem anderen Radweg gefolgt und
haben nicht auf das Zusatzschild „Elberadweg“ geachtet. Wir drehen um, ich
stelle mein Navi auf Schnackenburg. In Bömenzien müssen wir durch eine blöde
Baustelle schieben bis ich merke, dass wir eigentlich wieder in die falsche
Richtung fahren.
Also doch lieber nicht nach Schnackenburg. Wir schieben ein 2. Mal durch die
Baustelle, weil es so schön war und ich gebe Gorleben ins Navi ein. Jetzt
sollen wir nochmal durch die Baustelle – tun wir aber nicht. Wir fahren einfach in die gefühlt
richtige Richtung, bis Naviki nach einigen Metern nachgibt,
umrechnet und uns hier weiterführt.
In
den Flussradreiseführen sind keine Übersichtskarten, hier ist nur die unmittelbare Umgebung
des Flusses abgebildet. Ich werde in Zukunft wieder meine Straßenkarte zur
besseren Orientierung mitnehmen. Über den folgenden Weg können wir uns aber
nicht beklagen, wir fahren auf einer ländlichen Nebenstraße durch Nienwalde nach Gartow und stoßen hier – oh Wunder –
wieder auf den Elberadweg.
Hier
werden wir für das Hin und Her entschädigt: Der Gartower See liegt vor uns in der Sonne.
Das Stillgewässer wurde in den 1970er Jahren künstlich angelegt und dient vor
allem der Naherholung.
Das
Navi schalte ich wieder aus und wir achten in Zukunft immer besonders auf das
kleine Zusatzschild des Elberadweges.
Der führt direkt am Südufer des Sees auf einem asphaltierten Weg entlang. Der
Abfluss am nordwestlichen Ende des Sees erfolgt über die Seege,
einem Nebenfluss der Elbe. Wir überqueren sie auf einer schönen Holzbrücke und
folgen einem Pfad durch die Wiesen bis zur nächsten Straße.
Wegen
des kleinen Umweges und der Schieberei in der Baustelle haben wir etwas Zeit verloren.
Deshalb entschließen wir uns, nicht mehr bis nach Dömitz zu fahren, zumal uns auf dem
Rückweg Gegenwind erwartet.
Bei
Lenzen haben wir die Möglichkeit, die Elbe zu überqueren und schlagen diese
Richtung ein. Ab Pevestorf rollen wir auf der Fährstraße bis
zum Fähranleger und lassen uns auf die rechte Seite des Flusses übersetzen.
Direkt am Ufer steht ein ehemaliger Grenzturm, der inzwischen zum Aussichtsturm
ausgebaut wurde. Über eine Stahlspindeltreppe steigen wir hinauf aufs Dach und
genießen einen hervorragenden Rundumblick über die einzigartige Natur der Lenzener Elbtalaue im
sogenannten „Vier-Länder-Eck“ (Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und
Mecklenburg-Vorpommern)
Der
Elbradweg zurück nach Wittenberge geht hier weiter.
Wir
beschließen aber, die etwa einen
Kilometer entfernte Stadt Lenzen zu besuchen und hier unsere Mittagspause zu
verbringen.
Lenzen
hat eine wunderschöne Altstadt. Wir fahren durch beschauliche Gassen, sehen
hübsche, denkmalgeschützte Häuser und bewundern die St.Katharinen-Kirche, an der rote Weinblätter
die Fassade hinauf ranken.
Dann
machen wir uns auf die Suche nach einer Bäckerei und finden nach einigem Fragen
gegenüber vom Netto etwas Geeignetes. An der Fischbude nebenan holen wir uns zu
unserem Kaffee ein Fischbrötchen. Die Sonne scheint und hier ist es
einigermaßen windgeschützt, sodass wir sogar draußen sitzen können.
Auf
dem Rückweg fahren wir an der Burg Lenzen mit dem 24 Meter hohen Burgturm vorbei, von außen keine besondere
Augenweide, die „Lenzener Narrenfreiheit“ auf dem Burgplatz
um so mehr.
Dann
fahren wir zurück zum Elbdeich, bis Wittenberge sind 32 km angegeben. Ab jetzt
bläst uns heftiger Wind entgegen. Wir fahren oben auf
dem Kamm und haben freie Sicht auf die Elbniederung aber auch keinerlei Schutz
und müssen ganz schön kämpfen.
Die Landschaft ist sehenswert. Beidseits der
deutsch-deutschen Grenze war die Elbaue
lange nicht zugänglich, die naturnahen Lebensräume der Elbe sind dadurch
unzerstört geblieben.
Neben etwa 200 Brutvögelarten nutzen nordische Gänse und Schwäne
das Gebiet zur Rast und Überwinterung. Am Wegrand stehen Ansitzstangen für
Greifvögel, die auch genutzt werden, wie man an den Hinterlassenschaften
erkennen kann. Ich bewundere
immer wieder den alten Baumbestand, besonders die
Eichen haben es mir angetan.
Das
UNESCO-Biosphärenreservat „Flusslandschaft Elbe“ ist Deutschlands größtes im
Binnenland gelegenes Biossphärenreservat. Abgesehen vom starken Gegenwind sind
die ausgedehnten Wiesenlandschaften, die vielen Gewässer mit Schilfzonen und
die Auwälder ideal zum Radfahren.
Für mich ist das Ruhe und
Entspannung pur. Marion tut sich etwas schwerer mit den Naturgewalten, der ein
oder andere Fluch von ihr ist dem heftigen Wind gewidmet. Wir
passieren kaum Ortschaften, Lütgenwisch und Müggendorf mit einer Handvoll Häusern,
dazwischen das etwas größere Cumlosen. Für die nächsten 12 km folgen
wieder ausgedehnte Wiesen.
Auf der Zielgeraden nach Wittenberge fahren wir an
einer Reihe gestutzter Bäume vorbei wie an einem Empfangskommitee.
Kurz darauf haben wir es geschafft und stehen am Womo. In den zwei Tagen unseres kurzen Aufenthaltes haben wir wieder ein wunderschönes Stück Natur rings um die Elbe gesehen und „erfahren“.