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31.07.19

Urlaub Alpenüberquerung


Urlaub Alpenüberquerung
München - Belluno - Trento - Füssen
12. Juli - 20. Juli 2019
958 km und 9.717 Hm

                                                                                                                                                                   






Tag 1
Freitag, 12. Juli 2019
München - Arzbach (Lenggries)                
76 km - 576 Hm

Wetter:
Sonne, Regenschauer
18-20 Grad

Um 0.45 Uhr steige ich am ZOB Hannover in den Flixbus, der mit einer halben Stunde Verspätung eingetrudelt ist. Am Vorabend haben wir das "Kleine Fest im großen Garten" besucht, nach dem Feuerwerk habe ich mich mit meinem Rad hier absetzen lassen.


Nur zögerlich habe ich ich erneut zu der Alpentour entschlossen, die ich eigentlich bereits für Mai geplant hatte. Doch da war mit viel Regen sowie in den höheren Lagen mit Frost und Schnee zu rechnen. Für die kommende Woche sieht die Vorhersage bis auf wenige Regenschauer in den ersten Tagen deutlich besser aus. Da ich alles mit viel Vorfreude geplant und vorbereitet habe, verwerfe ich meine Zweifel und trete die zweite große Radreise innerhalb von 2 Monaten an.

Als Navigationshilfe dienen die beiden Radfernwege „München – Venezia“ und „Via Claudia Augusta“ mit einer Querverbindung im italienischen Belluno.


Die Via Claudia Augusta wurde im Jahre 47 n.Chr. unter Kaiser Claudius erbaut. Die antike
Römerstraße über die Alpen verband das Alpenvorland mit der Adria. Der ursprünglich militärisch
genutzte Weg entwickelte sich zu einer wichtigen Handels- und Reiseroute. Der heutige Radfernweg
liegt teilweise auf dem historischen Verlauf der Via Claudia und ist eine Themenstraße mit hohem
kulturellen Wert.

Eine weitere Möglichkeit der Alpenüberquerung ist der im Jahre 2015 eröffnete Radfernweg
München – Venedig. Die landschaftlich sehr abwechslungsreiche Strecke führt vom Alpenvorland
über den Alpenhauptkamm bis zur venezianischen Ebene. Neben beeindruckenden Naturräumen und
Landschaften gehören die zum Weltnaturerbe zählenden Dolomiten zu einem besonders
sehenswerten Streckenabschnitt.

Da ich zwar auf Langstrecken sattelfest bin aber bisher kaum alpine Erfahrungen sammeln konnte,
gehe ich die Reise mit Respekt an und lasse das Endziel nach 9 Tagen vorerst auf mich zukommen. Mein Reisegepäck habe ich auf das Nötigste beschränkt, das Gewicht der Packtaschen liegt etwa bei 18 Kilo.


Die Fahrt im Flixbus ist nervig, hat aber den Vorteil einer Stornierung bis kurz vor Reiseantritt ohne großen finanziellen Verlust. Ich schaffe es, im Sitzen hin und wieder etwas zu schlafen, meine Sitznachbarin ist eine ruhige, ältere Dame, die kein Wort redet. Gegen Morgen esse ich mein mitgebrachtes Frühstück im Bus. Bis München vergrößert sich die Verspätung um eine weitere Stunde sodass ich um 10.30 Uhr endlich mit meinen Fahrrad aus der Halle des ZOB schieben kann.

                            
Eine der Packtaschen hatte ich als Handgepäck mit im Bus. Das Zelt sowie die Lenkertasche waren in einer der drei anderen Packtaschen im Gepäckraum. Momentan bin ich noch nicht vertraut mit der ungewohnten Ordnung am Rad aber das wird sich mit der Zeit finden. Ich stelle das Navi auf den Startpunkt meiner Route ein und fahre los. Lange dauert das Fahrvergnügen nicht, Naviki führt mich durch die Fußgängerzone der Münchner Altstadt.


Im Slalom schiebe ich durch Massen von Touristen und kann mich nicht so richtig auf die Sehenswürdigkeiten einlassen. Mir raucht der Kopf von der Busfahrt und ich möchte jetzt einfach nur schnell raus aus der Stadt. Die Menschen scheinen die Ruhe weg zu haben, ich komme nur langsam vorwärts. Als ich das Ufer der Isar erreiche, atme ich tief durch, endlich bin ich auf der Strecke.

      

Der Isarradweg lässt sich gut befahren, er ist eben, asphaltiert und führt direkt am Fluss entlang.


Nach einigen Kilometern komme ich in ein Waldstück. Laut Richtungspfeil soll es für Radler einen ziemlich steilen, mit dicken Steinen versehenen Berg hinaufgehen nach Grünwald. Der noble Vorort von München liegt etwas oberhalb am Hang. Um die unbequemen Höhenmeter zu umfahren wähle ich den Fußweg in Ufernähe. Doch der ist auch nicht besser, ich holpere über verwurzelten Waldboden, matschige Pfützen und muss teilweise schieben.


Das fängt ja gut an, natürlich gibt es hier auch keine Schilder mehr und ich muss mich durchfragen. Entgegen der Beschreibung im bikeline fahre ich auf der anderen Isarseite über Pullach und Buchenhain weiter. Das ist allerdings eher eine Mountainbikestrecke, sehr anspruchsvoll mit vielen Höhenmetern und Schotter. Mir bricht der Schweiß aus, ich tausche meine lange Hose gegen die kurze Radlerhose.


Hinter Schäftlarn finde ich die ausgeschilderte Strecke wieder und es geht schön eben direkt am Isarkanal weiter. Ohne weitere Probleme erreiche ich mein erstes Etappenziel Wolfratshausen.

      

Inzwischen hat es zu regnen begonnen, in der Nacht soll es auch gewittern. Beim Anruf in der Jugendherberge Lenggries erfahre ich, dass diese restlos ausgebucht ist. Schade aber da wird sich etwas anderes finden. Der Regen ist erträglich, die Temperatur mild und ich fahre mit Regenjacke, Sandalen und kurzer Hose weiter.


Ich fahre überwiegend durch den Wald, der aufgeweichte Waldboden lässt sich schwer befahren und spritzt an meine Beine.

      

Bis Bad Tölz überwinde ich noch einige anstrengende Höhenmeter auf überwiegend geschottertem Untergrund. Nun schaut sogar die Sonne hervor aber es bleibt wechselhaft.



In Arzbach, kurz vor Lenggries, geht wieder ein heftiger Schauer runter bevor es sich erneut aufklärt. Trotzdem frage ich im Ort nach einem Privatquartier, leider wieder ohne Erfolg.


Ich habe keine Lust, weiter nach einem Zimmer zu suchen und fahre zum hiesigen Campingplatz. Bei Sonnenschein baue ich mein Zelt auf und kann sogar zum Abendessen draußen sitzen und die Abendsonne genießen.


Bevor die nächste Wolkenfront aufzieht, krieche ich ins Zelt. Es ist zwar erst 20 Uhr aber für heute reicht es mir, der Anreisetag war doch insgesamt sehr anstrengend.

In der Nacht werde ich vom vorhergesagten Gewitter geweckt. Begleitet von Starkregen zerren heftige Sturmböen an meinem Zelt, ich bekomme richtig Angst um die Standhaftigkeit meiner Behausung. Obwohl das Gewitter hartnäckig die halbe Nacht über mir kreist, bleibe ich trocken und komme ohne Schaden davon.

Alpencamping Arzbach
Alpenbadstraße 20, 83646 Wackersberg
10,- € + 1,- € Dusche




Tag 2
Samstag, 13. Juli 2019
Arzbach - Innsbruck
110 km, 594 Hm

Wetter:
stark bewölkt, Regenschauer, überwiegend trocken
19 - 21 Grad


Beim Weckerklingeln um 6 Uhr regnet es noch, eine halbe Stunde später nutzte ich eine Regenpause zum Zeltabbau. Um 7.40 Uhr rolle ich vom Platz. Der Himmel sieht schlimm aus, dunkle Wolken hängen in der Luft, zum Glück ist es dabei nicht sonderlich kalt.



Ich rolle zum Ufer der Isar, die mit einer guten Geschwindigkeit plätschernd dahinfließt und folge dem ausgeschriebenen Radweg.



Die folgende Steigung verhilft mir zum Frühsport und trägt dazu bei, dass mir nicht kalt wird. Oben angekommen, tut sich dann ein wunderbarer Blick aufs Isartal und den Sylvensteinsee auf. Der Stausee dient den umliegenden Ortschaften als Hochwasserschutz und erzeugt mittels zweier Kraftwerke Strom.

                                                                             
Hier kürze ich die im bikeline empfohlene Route etwas ab und entgehe dadurch den Steigungen auf unebenen Waldwegen. Der Alternativweg führt über die radweglose B307, der Verkehr ist am heutigen Sonntagmorgen einigermaßen moderat. Kurz darauf überquere ich die Grenze zu Österreich und bleibe bis Achenkirch auf der Bundesstraße, was mir noch einige schlecht zu fahrende Höhenmeter erspart.



Den folgenden Regenschauer nehme ich zum Anlass, mir ein Zimmer im Jugendgästehaus Innsbruck zu reservieren. Ich möchte nicht noch einmal so eine nasse Sturmnacht im Zelt erleben.


Dann liegt der Achensee vor mir, eingerahmt von hohen Bergen des Karwendel- und Rofangebirges. Der Radweg führt direkt am östlichen Ufer des 9 Kilometer langen Sees entlang. Es ist bereits nach 11 Uhr als sich der Schauer verzieht und die Sonne zaghaft zum Vorschein kommt. Ich nehme eine noch etwas feuchte aber einladende Bank mit Blick auf den Achensee für meine Frühstückspause in Beschlag. Neben mir plätschert Quellwasser aus einem rotierenden Wasserrad.



   
Einige Hügel sind noch zu überwinden bevor ich hinter Maurach viele Kilometer bergab ins Inntal rollen kann. Mit beiden Händen an den Bremshebeln muss ich immer wieder meine Geschwindigkeit drosseln. Der Weg führt serpentinenartig hinunter und ist geschottert also nicht ganz einfach zu fahren, da extreme Rutschgefahr besteht. Laternen am Wegrand deuten darauf hin, dass er im Winter als Rodelbahn genutzt wird.

      

Im Wiesing endet die Abfahrt und ich stoße auf den Inn, an dessen Ufer es bequem und eben bis nach Innsbruck weitergeht.

   

                   
Obwohl es so aussieht dass es trocken bleibt, gebe ich gegen 17 Uhr die Adresse vom Gästehaus ins Navi ein und beziehe kurz darauf mein Zimmer in dem fast leeren Quartier. Ich habe ein Viererzimmer mit Dusche für mich allein und breite erst einmal mein nasses Zelt zum Trocknen aus. Beim Abendessen genieße ich einen schönen Blick aus dem Fenster.                                                                                  

Das Wetter hält und lässt zu, dass ich nach dem Abendessen noch einmal in die etwa 2,5 Kilometer entfernte Altstadt fahre.


Hier erwarten mich enge Gassen mit hübsch verzierten Bürgerhäusern, Fassadenmalerei und emporragende Berge im Hintergrund.


     




ASKÖ-Tirol Jugendgästehaus Volkshaus
Radetzkystr. 47, 6020 Innsbruck
28,- € Einzelzimmer ohne Frühstück



Tag 3
Sonntag, 14. Juli 2019
Innsbruck - St. Lorenzen (Bruneck)
120 km, 1.742 Hm

Wetter:
Bewölkt - sonnig
21 - 30 Grad


                  

Ich habe gut geschlafen und suche bereits um 6 Uhr in der Frühe den Anschluss zu meinem Radweg.
Den finde ich direkt vor einer steilen, mit Schieberille versehenen Fußgängerbrücke über die
Bahngleise und dem Flüsschen Sill. Nachdem ich das Rad heute früh die Treppe von meiner
Unterkunft heruntertragen musste, nehme ich zum zweiten Mal meine Packtaschen ab und gehe die
unvermeidliche Überquerung an. Zuerst schiebe ich das Rad nach oben, dann hole ich die Taschen
nach, beides zusammen ist für mich unmöglich zu bewältigen.

       
Aber das soll nicht die einzige Anstrengung an diesem Tag bleiben. Kurz darauf beginnt ein Aufstieg, der mich an meine Grenzen bringt. Die Straße nach Vill hat es in sich, im ersten Gang kämpfe ich Meter für Meter schwitzend mit der Schwerkraft. Rechts neben mir ragt die Sprungschanze auf dem Bergisel, ein 746 Meter hoher Hügel im Süden von Innsbruck, in die Höhe. Für ein Foto steige ich vom Rad und komme danach teilweise nur schiebend weiter.



Erst hinter Patsch wird die Steigung moderater, Kilometer für Kilometer arbeite ich mich in der
hügeligen Landschaft vorwärts. Je höher ich komme, umso schöner ist auch die Umgebung. Eine tolle Aussicht präsentiert sich mir. Von weitem ist die Brennerautobahn zu sehen, die parallel zu meinem Radweg verläuft.




Die Sonne kommt oft zum Vorschein und lässt die Bergmassive in einem besonderen Licht erstrahlen. Einige Male halte ich an und genieße den wunderbaren Ausblick.



Bisher verlief der Weg auf einer Nebenstrecke und war insgesamt gut ausgebaut und von den
Steigungen abgesehen, gut zu befahren. Ab Matrei geht es nun an der Brennerstraße weiter. An einer Tankstelle hole ich mir frische Brezel und mache um 9.30 Uhr in Steinbach Frühstückspause. Eine Stärkung ist dringend nötig, für den weiteren Passanstieg brauche ich Kraft. Gerade bezieht es sich etwas und ich beginne leicht zu frösteln. Ich sitze in einem kleinen Park an der Straße, auf der viele Autos und Motorräder in Richtung Brenner unterwegs sind.


Gestärkt fahre ich zusammen mit mäßigem KFZ-Verkehr weiter und komme schnell wieder ins
Schwitzen.


Stetig geht es bergan, ab Gries sind es noch 5 Kilometer bis oben. Der Brenner ist der niedrigste Pass des Alpenhauptkammes und die Steigung ist für mich fahrend zu bewältigen.



Zusammen mit mir strahlt auch die Sonne wieder als das markante Gebäude des Outletcenters auf Passhöhe auftaucht, diese Hürde wäre geschafft, der Brennerpass ist bezwungen.



Stolz fahre ich über die Grenze nach Italien und passiere die Ortschaft Brenner. Einige Passanten am
Wegrand jubeln den Fahrern eines Radrennens zu, das hier gerade stattfindet und so werde ich beim
Vorbeifahren ebenfalls mit Applaus bedacht.


Jetzt freue ich mich auf die etwa 30 Kilometer lange Abfahrt ins Eisacktal nach Südtirol. Da es kühl werden könnte, ziehe ich lieber jetzt schon einmal meine Jacke über. 


       
Der Radweg auf einer ehemaligen Bahntrasse ist hervorragend ausgebaut und verkehrsfrei. Ich lasse mich rollen, gleite leicht dahin und genieße die Landschaft.


       


Schnell bin ich in Sterzing. Ab hier wird die Talfahrt auch wieder durch einige kleinere Hügel unterbrochen.



Unterwegs zieht die wunderbare Landschaft an mir vorüber. Zu sehen gibt es genug.





Am Ufer eines Stausees taucht die Franzenfeste auf, die am Eingang des Eisacktals erbaut aber nie wirklich in Kriegshandlungen verwickelt wurde.


Hier nehme ich den Abzweig in Richtung Bruneck.

       
                                                           
Neben mir fließt die hellblaue Rienz, ein Nebenfluss des Eisack.                       


       

Der auf der Strecke liegende Campingplatz in St. Sigmund existiert leider nicht mehr. Zum Glück befindet sich nur etwa 10 Kilometer weiter der nächste Campingplatz in St. Lorenzen, kurz vor Bruneck. Der Platz ist riesig und gut ausgebucht. Ich atme auf als mein Zelt aufgebaut ist, für heute reicht es auch. Das im Preis inbegriffene Schwimmbad vor Ort verschmähe ich, Bewegung hatte ich heute genug.



Dann lieber eine Pizza im angrenzenden Ort, doch dort ist kein Sitzplatz mehr zu bekommen. Also gibt es Reste aus der Packtasche, die Sitzbank vor der Rezeption habe ich für mich alleine und kann mich dort zum Essen ausbreiten.




Camping Ansitz Wildberg
St. Martin 16a, 39030 St.Lorenzen (Bruneck)
17,35 € inkl. Dusche und Schwimmbad




Tag 4
Montag, 15. Juli 2019
St. Lorenzen - Calalzo di Cadore
104 km, 1.099 Hm

Wetter:
Sonne-Wolken Mix, 1 Regenschauer
14 - 20 Grad



Da mein Zelt direkt am Fußgängerweg des riesigen Platzes stand, war die Nacht unruhig. Außerdem
wurde es windig und hat etwas geregnet. Trotzdem kann ich es heute früh trocken einpacken. Um
6.30 Uhr bin ich startklar und gehe die ersten Steigungen auf dem Weg nach Olang an.

                  



Hier decke ich mich fürs Frühstück ein und fülle meine Reserven wieder auf.




Der Olanger Stausee im oberen Pustatal gibt eine wunderbare Kulisse fürs Frühstück ab, die Sonne strahlt schon wieder.



Auf dem weiteren Weg bis Toblach geht es stetig bergauf und ich kann nur die kleinen Gänge nutzen.
Über den 5. Gang komme ich selten hinaus.





                   
Im Naturpark Drei Zinnen beginnt der „Lange Weg der Dolomiten“. Auf der Bahntrasse der ehemaligen Dolomitenbahn geht es verkehrsfrei durch die weißen Berge, vorbei am Toblacher See.



                                                                                                                                 
Obwohl ich weiter bergauf fahre, genieße ich die Fahrt auf dem leicht geschotterten Radweg.Riesige Berge türmen sich rechts und links von mir auf, darunter die berühmte Bergformation der "Drei Zinnen".






                  





Ich kann mich gar nicht satt sehen und halte andauernd um zu fotografieren.




Nach einem weiteren Gebirgssee, der malerisch zwischen den Bergen in der Sonne glitzert, führt
mich ein Umleitungsschild an der Straße weiter, die ich gerne benutze, da der Radweg immer
gobschotteriger wird. 




Der Verkehr hält sich in Grenzen während ich mich immer weiter hochkurbele.

                  

Der Paso Cima bildet den höchsten Punkt an der Grenze zwischen den Italienischen Provinzen Südtirol und Belluno. Nun geht es für mich endlich bergab ins Cadoretal.

Eine einzigartige Abfahrt beginnt und lässt mich durch ehemalige Bahntunnel an einer tiefen Schlucht vorbeirollen. 








Wieder auf dem Radweg muss ich auf die Geschwindigkeit achten, der Schotter lässt ein zu schnelles Fahren nicht zu. Es gibt so viel zu sehen und zu bestaunen, ich genieße jeden Augenblick dieser wunderbaren Strecke.




Bereits um 14.30 Uhr bin ich in Cortina d ́Ampezzo, zu früh um einen der 3 Campingplätze
anzufahren. Nach einem kurzen Check im bikeline beschließe ich, noch 30 Kilometer bis Calalzo di
Cadore zu fahren.




Nach einer Schiebestrecke auf einem unbefahrbaren Pfad geht es anschließend weiter bergab.



Ich rolle auf befestigten Radwegen durch kleine Dörfer mit landestypischen, etwas maroden Häuschen.



Ein kurzer aber heftiger Regenschauer lässt mich bei der Abfahrt frösteln doch die anschließenden Sonnenstrahlen trocknen meine Regenjacke wieder und wärmen mich auf.


In Pieve di Cadore verlasse ich die Hauptroute und rolle immer weiter hinunter. Etwas abseits auf der
gegenüberliegenden Seite des Stausees Lago di Centro Cadore liegt der Campingplatz den ich
anfahren möchte. Über eine Brücke gelange ich dorthin und bin am Ende der langen Talfahrt. Den
Gedanken, dass ich morgen das letzte Stück wieder hinauf muss, schiebe ich erst einmal beiseite.




Der Campingplatz ist relativ leer und die Rezeption noch geschlossen. Ich schaue mich um, es ist sehr schön hier am See, der eingerahmt von den Dolomiten im Cadore liegt. Die Ortschaft Calalzo die Cadore, die ich gerade passiert habe, liegt idyllisch am Hang in der tiefstehenden Sonne. Viele Wolken ziehen vorüber, hoffentlich bleibt es diese Nacht trocken. Da ich in der Provinz Belluno auch die Sprachgrenze überschritten habe, wird die Kommunikation schwierig. Doch andere Camper sind sehr hilfsbereit und freundlich. Ich bekomme heraus, dass ich mein Zelt schon einmal aufstellen darf, bezahlen kann ich dann später in der Pizzeria vor Ort.



Das tue ich dann auch und heute bekomme ich endlich meine Pizza und ein anständiges Weizenbier.


Das Waschhaus ist sehr einfach und erinnert eher an eine Stranddusche. Die Spülbecken für Geschirr
befinden sich im Trakt der Damen – was sagt uns das? Na ja, andere Länder – andere Sitten. Das WC
besteht aus einem gefliesten Loch im Boden, ein Griff an der Wand gibt Hilfestellung beim Hocken.
Amüsiert benutze ich es und sehe erst später das gewohnte Sitz-WC in der Nebenkabine.


 Camping Cologna
Localita Cologna, 32040 Vallesella di Cadore
12,- € inkl. Dusche




Tag 5
Dienstag, 16. Juli 2019
Calalzo – Arsié
114 km, 1.438 HM


Wetter: 
14 – 30 Grad, überwiegend sonnig


In der Nacht hat es etwas gestippelt, nun ist der Himmel klar. Die Sonne steht noch hinter den Bergen
als der Wecker wie immer um 5.15 Uhr klingelt. 


Um 6.30 Uhr beginnt mein Frühsport mit dem Anstieg nach Pieve di Cadore, den ich gut erholt angehe. Der Campingplatz war ausgesprochen ruhig und ich habe hervorragend geschlafen.




Nach dem Kraftakt rolle ich in Serpentinen an steilen Felswänden vorbei hinunter ins Tal des Piave. Da es in der Frühe noch sehr kühl ist, beginne ich zu frieren und bekomme richtig kalte Finger. Meine Regenjacke dient als Windbreaker und wärmt etwas. Die kleineren Steigungen zwischendurch sind mir zum Aufwärmen auch sehr willkommen.

                   



Für viele Kilometer liegt der Piave einige Meter unterhalb des Radweges und schlängelt sich wild zwischen den weißen Kiesbänken hindurch. 





Erst in Provagna komme ich direkt an das riesige Flussufer. 


Hier unten sind es in der Sonne inzwischen 25 Grad. Da ich keine Bank finde, nehme ich einige große Steine in Beschlag und packe an diesem traumhaften Platz mein Frühstück aus. 


Hinter Soverzene verlasse ich die Hauptroute des Radfernweges München-Venedig um über Belluno
und Feltre auf die Via Claudia Augusta zu stoßen. 



Hierfür könnte ich die Ausflugsvariante im bikeline nutzen, habe mir aber bereits zu Hause bei Naviki eine kürzere Route programmiert. 


Diese führt durch ein Gebiet mit teilweise sehr großen Steinen ähnlich eines Flussbettes. In der Hoffnung, dass der Weg besser wird, kämpfe ich mich mehr schiebend als fahrend vorwärts. Nach etwa einem Kilometer ist nicht mal mehr ein Weg auszumachen, mir läuft der Schweiß in die Augen und ich verfluche dieses blöde Navigationsprogramm. 


Ärgerlich drehe ich um und halte mich doch lieber an die Verkehrsschilder nach Belluno. 



In Belluno treffe ich eine deutsche Radlerin, die ebenfalls allein unterwegs ist. Wir fahren quatschend nebeneinander her und merken erst spät, dass wir uns verfahren haben. Sie möchte sich die Stadt anschauen und dreht wieder um, ich bin auf einer der Ausflugsvarianten nach Feltre und fahre hier weiter. 


Nach den ersten richtig steilen Anstiegen bereue ich die Entscheidung, sicherlich hätte es auch einen
anspruchsloseren Weg gegeben. Serpentinen führen nach Alconis hinauf, die Sonne brennt und ich
schwitze wie blöd. Aber ich bin angenehm überrascht über meine Kondition, meine Beine treten
kräftig Umdrehung für Umdrehung und ich komme fahrend weiter. 

                    


Zum Glück gibt es immer wieder Brunnen mit Quellwasser auf der Strecke, hier kann ich meine Trinkflasche auffüllen und brauche keine schweren Reserven mit mir rumschleppen. 



In Cesiomaggiore stoße ich auf das erste Hinweisschild der Via Claudia Augusta. 


Nach weiteren anstrengenden Anstiegen und Abfahrten nehme ich für das letzte Teilstück die Straße und erreiche gegen 16.30 Uhr Feltre.



Ab hier geht es laut bikeline auf einer besonders anspruchsvollen Strecke wieder in die Berge. Die Alternative ist der Brentaradweg, der allerdings nicht verzeichnet ist. 


Mit Aussicht auf eine leichtere Strecke und auf einen Campingplatz entscheide ich mich für letzteres und versuche es noch einmal mit Navi. Aber auch dieses Mal ist die Streckenführung nicht so toll, die Feldwege sind sehr schlecht und holperig. Bei nächster Gelegenheit nehme ich die verkehrsreiche Schnellstraße. Auch keine gute Wahl besonders weil es durch 2 Tunnel geht. 


Ich bin froh als ich die Abfahrt zum Campingplatz in Arsié heile erreiche. 


Hier erwartet mich der nächste Schock: da hier keine Zeltwiese vorgesehen ist, kann ich auf einer großen Parzelle für 40 Euro übernachten. Es ist schon spät, ich bin k.o. und mit dem Gedanken an die gefährliche Schnellstraße nehme ich das unverschämte Angebot an. Obwohl es richtig weh tut. 



Später gehe ich zum See und lasse den Tag mit vielen Unebenheiten Revue passieren. In Ruhe sehe ich mir den weiteren Weg bis zur Brenta an und suche mir eine hoffentlich vernünftige Route für morgen heraus.



Camping Lago Arsié
Via Campagna 14, Arsié
40,- € inkl. Dusche



Tag 6
Mittwoch, 17. Juli 2019
Arsié – Nave San Rosso (Lavis)
102 km, 964 HM


Wetter: 
14 – 33 Grad, 
sonnig bis leicht bewölkt



Wie jeden Morgen koche ich mir im Waschraum eine Kanne Wasser während des Zähneputzens.  Bereits um 6.15 Uhr bin ich wieder unterwegs. 


Das Navi habe ich auf Cismon del Grappa programmiert und ich hoffe, dass ich dort ohne weitere Hindernisse auf den Brentaradweg stoßen werde. Etwas beunruhigt registriere ich die verlassene Gegend. Auf einer schmalen, kaputten Straße kurbele ich mich über einen Bergkamm ins Hinterland der Region Belluno. Kleine, ausgestorben wirkende Dörfer mit wenigen, einfachen Häusern liegen im Schatten der Berge auf dem Weg. 


Eine etwas verfallene Kirche thront auf einer Anhöhe, Menschen begegne ich nicht. Mein Weg schlängelt sich vorbei an Felsüberhängen, die Schlucht links von mir ist zum Glück durch einen Zaun gesichert. 



Dann geht es in mehreren Kehren relativ steil bergab. Unkraut und 2 Poller auf halber Höhe machen deutlich, dass hier schon lange kein Auto mehr gefahren ist. Mit dem Rad komme ich problemlos weiter aber ich hoffe, dass meine Talfahrt nicht in einer Sackgasse endet. 


Ganz so abwegig ist dieser Gedanke nicht, als ich vor der Brenta stehe, sehe ich erstmal nur Geröll 
und unpassierbares Gelände. Über einen baufälligen Betonsteg kann ich das Rad auf die andere Seite
schieben und komme tatsächlich auf den Radweg, der nur in meine gewünschte Richtung befahrbar
ist. Was für ein Glück. 



Hier muss es einige Erdrutsche gegeben haben, nach etwa 10 Kilometern verbietet eine Absperrung die Weiterfahrt auf dem inzwischen gut befahrbaren und ausgeschilderten Brentaradweg. Ich deute eine Umleitung falsch und lande auf einer verkehrsreichen Autostraße, die ich in Ermangelung einer Abfahrt erst einmal nicht verlassen kann. Dann taucht mein Radweg wieder auf, etwa 3 Meter schräg unter mir, getrennt von einer steilen Böschung und der Leitplanke. An einer Unterbrechung kann ich durchschlüpfen und das Rad an den mit Unkraut bewachsenen Hang legen. 

                  

Die Packtaschen lasse ich runterkullern, mit dem Rad werde ich allein nicht fertig. Hilfe naht in 
Person eines Einheimischen, der hier mit seinem Hund spazieren geht. Aufgrund der Sprachbarriere macheich ihm  mit Händen und Füßen verständlich, was ich von ihm will und gemeinsam bekommen wir mein Fahrrad heile auf den Radweg. Mille grazie, das wäre geschafft. 



Nun geht es ohne weitere Probleme schön eben weiter, der Weg an der Brenta ist landschaftlich wunderschön.  


                  


In Borgo Valsugana, stoße ich wieder auf die Via Claudia. 


Hier ist Markttag und das ganze Dorf scheint hier unterwegs zu sein. An Fahren ist nicht zu denken, ich zwänge mich schiebend zwischen Fußgängern und Marktständen hindurch. 


Auf der ersten Bank nach Ortsausgang mache ich Frühstück, mein taunasses Zelt hänge ich derweil über ein Holzgeländer zum Trocknen. 



Hinter Levico Terme führt mein Radweg auf einem Schotterweg eine Steigung hinauf, die ich nur 
schiebend bewältigen kann. 

                  

Es geht in Serpentinen höher und höher, die Sonne brennt und ich bin froh um die Bäume am Wegrand. Ich schiebe oberhalb von Weinhängen entlang und die Steigung nimmt kein Ende. 



Auf dem Weingut bietet sich eine herrliche Aussicht auf den Lago di Levico und das Valsugana, ein Tal des Trentino. Etwas neidisch blicke ich auf die Straße am Levicosee, hier wäre ich sicherlich ohne Steigung weiter gekommen. Aber nun muss ich da durch und schiebe weiter, ein 
letztes Stück in der prallen Sonne hinauf in Richtung Forte Benne auf der Anhöhe. 


Dann geht es endlich wieder bergab aber an rollen lassen ist nicht zu denken. Der Weg hinunter ist steil, geschottert und sehr uneben sodass ich bremsend nur sehr langsam voran komme. 


Nach Überquerung der Straße soll es auf einem ähnlich Weg, der eher für Wanderer geeignet ist, weiter hinunter gehen. Ich bleibe auf der Straße nach Pergine und kann mich endlich rollen lassen.

                  

Bis Trento erwarten mich noch einige Höhenmeter obwohl es tendenziell bergab geht. 


Gegen 16 Uhr kommt heftiger Wind auf und es zeigen sich Gewitterwolken. Der nächste Campingplatz am Kalderer See ist noch ziemlich weit weg. Aufgrund des Wetters verlasse ich hinter 
Lavis die Via Claudia und suche in Nave San Rocco nach einer Unterkunft. Eine nette Dorfbewohnerin hilft mir dabei ohne dass wir uns richtig verständigen können. Die Gastgeber einer B&B Unterkunft sind leider nicht zu Hause, das Hotel ist meine letzte Wahl aber ich finde ein Hinweisschild auf einem Campingplatz der im bikeline nicht verzeichnet ist. 


Ein landestypisches einfaches Dorfgasthaus mit Tankstelle, kleiner Reparaturwerkstatt und Campingplatz, eher für Monteure geeignet und nicht sehr ansprechend. Das Wetter sieht bedrohlich aus, deshalb frage ich hier nach einer Übernachtung. Die Wirtin, eine herzliche ältere Dame im Kittel spricht relativ gut deutsch und empfängt mich freundlich. Auf dem ungepflegten Hof hinter der Gaststätte stehen nur wenige verwitterte Wohnwagen und ich habe freie Platzwahl. 


Hauptstraße und Bahnlinie säumen den Platz und ich richte mich auf eine laute Nacht ein. Als das Zelt steht, geht der Gewitterschauer runter. Ich flüchte in das Waschhaus, dusche und stehe noch etwas unter bis der Regen nachlässt. 


Das Sanitärgebäude ist neu renoviert und unerwartet sauber. Später bekomme ich Besuch von dem alten, humpelnden Hofhund mit heiserer Stimme, der mir auch in der Nacht nicht von der Seite weicht als würde er mich beschützen wollen. 





Camping Albergo Moser
Via Nationale 64, Lavis/St. Rocco
11,- € inkl. Dusche




Tag 7
Donnerstag, 18. Juli 2019
Nave St. Rocco – Laas
127 km, 932 HM


Wetter: 
18 – 30 Grad
am Morgen Höhennebel, dann sonnig, schwach windig

Von den Verkehrsgeräuschen abgesehen, habe ich eine ungestörte Nacht bei leichtem Regen
verbracht, jetzt ist es trocken. Der Hund schläft tief und fest hinter meinem Zelt und wird erst wach,
als ich mit dem Abbau beginne. Er lässt sich von mir ein letztes Mal über sein verfilztes Fell streicheln bevor er langsam über den Hof humpelt und verschwindet. 


Ganz eben führt die Alternativroute des Radweges an der Etsch entlang und ich gleite bequem dahin. 



Da mich heute noch genügend Höhenmeter erwarten, habe ich mich gegen die Hauptroute entschieden, die über die Berge am Kalterer See vorbei führt. 

                  
          
In der Nähe von Leifers frühstücke ich und fahre anschließend auf dem schönen Radweg neben der Etsch weiter. 



In Bozen gibt es mal wieder eine Wegsperrung und die Beschilderung ist unklar. 


Ich schalte das Navi ein und wähle die vorher programmierte Route aus dem bikeline. Leider vergesse ich, die Umkehrpfeile zu drücken da ich die Via Claudia ja in die entgegengesetzte Richtung fahre. Und so bekomme ich doch noch einen Teil der Hauptroute zu sehen, die ich vorhin umfahren wollte. Nach etwa 5 Kilometern anstrengender Bergauffahrt bemerke ich meinen Irrtum und muss umdrehen. Sehr ärgerlich aber wenigstens geht es nun wieder bergab.



Wieder an der Etsch geht es schön eben weiter. 


Eigentlich meide ich aus Zeitgründen alle Stadtbesichtigungen. In Meran kann ich allerdings nicht 
widerstehen und mache einen Abstecher. 


Bei strahlendem Sonnenschein schiebe ich ein Stück durch die Fußgängerzone. Die hübsche Stadt in den Südtiroler Alpen ist bekannt durch ihre Jugendstil- Gebäude und ihre Heilbäder. Es ist wunderschön hier aber deutlich zu voll für mich, ein Platz in einer Bäckerei oder Café ist nirgends frei. Bereits nach kurzer Zeit habe ich genug von dem Trubel und sehe zu, dass ich weiter komme.




Bis zum Reschenpass geht es ab Meran nun stetig bergauf. Ich möchte heute noch so weit wie 
möglich fahren, damit ich morgen schon einen Großteil der Steigung hinter mir habe. Die Auffahrt zur Töll, einer Steilstufe am Übergang zum Vinschgau, ist sehr anstrengend. 


Hier in Algund befand sich zur Römerzeit eine wichtige Zollstation der Via Claudia Augusta. Heute stehen hier zwei überlebensgroße Thronsessel, die eine schöne Aussicht auf das Umland und den Meraner Talkessel freigeben. 




Nach der heftigen Anstrengung wird die Steigung wieder moderater. Auf der Strecke liegen einige Campingplätze, ich habe also die Wahl und fahre immer weiter. 

                    

                  


Nach einem Schotterweg durch den Wald spüre ich dann doch meine Beine und komme nur noch langsam voran. In Laas kehre ich dann schließlich ein, der Campingplatz liegt direkt auf der Strecke. Ein wunderschöner, moderner Platz mit kostenloser Schwimmmöglichkeit im Dorfbad. 



Aber dazu bin ich heute zu kaputt, ich setze mich lieber in die nahe gelegene Pizzeria und erhole mich bei einer sehr leckeren Pizza. 



Campingplatz Balderfof 
Kugelgasse 4b, Laas
19,35 € inkl. Dusche und Schwimmbad





Tag 8
Freitag, 19. Juli 2019
Laas – Imst
126 km / 1.220 HM


Wetter: 10 – 30 Grad
sonnig, leicht bewölkt



                  

Am frühen Morgen ist es mit gerade mal 10 Grad noch sehr kühl, die Sonne steht noch hinter den
Bergen. Der Weg an der Etsch ist eben und ich bekomme kalte Finger und Füße. 


Um mich herum befinden sich riesige Obstplantagen mit Äpfeln und Birnen, die noch ein paar Wochen reifen müssen.


Durch ein sehenswertes Stadttor komme ich nach Glurns, eine der kleinsten Städte in den Alpen. Eine Besonderheit sind die vollständig erhaltenen Stadtmauern. 


Hier gibt es zwei Möglichkeiten der Weiterfahrt, ich nehme die Route an der Etsch. Höhenmeter bleiben mir bei beiden Varianten nicht erspart. 


Nach 2 Kilometern mache ich Frühstückspause um mich vor dem weiteren Anstieg bis auf Passhöhe zu stärken. Noch zaghaft schaut die Sonne hinter vereinzelten Schleierwolken hervor.


Es hat inzwischen 19 Grad, eine angenehme Temperatur für die folgenden 10 Kilometer Anstieg. Ich spüre den Energieschub nach dem Essen und kurbele mich überwiegend im 1. Gang Meter für Meter nach oben. 


Immer wieder fällt mein Blick auf Berge und Täler mit den bezaubernden kleinen Dörfern des Vinschgau. Manchmal halte ich an und genieße den Ausblick, der jeden Schweißtropfen wert ist. 

                  

In unterschiedlichen Steigungsgraden geht es hinauf, mal mehr und mal weniger anstrengend. Um mich zu motivieren, zähle ich die Kurbelumdrehungen und setze mir Ziele wie beim Workout. Der Schweiß läuft und die Beine brennen aber ich komme stetig weiter voran. 



Die Fürstenburg kurz vor Burgeis wurde im 13. Jahrhundert erbaut und diente als Sitz der Fürstbischöfe von Chur.



Wird der Steigungsgrad zwischendurch etwas geringer, kann ich durchatmen, ein- zwei
Gänge hoch schalten und auch mal eine Hand vom Lenker nehmen um zu fotografieren. Wenige
Meter reichen aus um meinen Puls wieder runter zu bringen und Kraft für den nächsten steileren
Anstieg zu sammeln. So geht es Kilometer für Kilometer weiter. 




Als der Haidersee zwischen den Bäumen auftaucht, habe ich den Anstieg fast geschafft. Der See liegt auf 1.450 Meter Höhe, der Hauptzufluss erfolgt über die Etsch, die aus dem Reschensee geleitet wird. 


Dahinter liegt idyllisch das Dorf St. Vallentin auf der Haide. 


Der Zerzer Bach, der aus dem Hochtal Zerz herabfließt, ist ein weiterer Zufluss des Haidersees.


Ich passiere St. Vallentin, fülle meine Trinkreserven auf und radele noch 1,5 Kilometer weiter.




Und dann bin ich endlich am Reschensee. Der künstlich angelegte Stausee ist 6 Kilometer lang und hat ein Stauvolumen von 120 Mio m³. 


Bei der Stauung im Jahre 1950 versanken ein Großteil des Dorfes Reschen und das gesamte Dorf Graun. Nur noch der inzwischen denkmalgeschützte Kirchturm von Alt-Graun ragt malerisch aus den Fluten des Reschensees heraus und ist zu einem der meist fotografiertesten Motive auf der Via Claudia Augusta geworden.


Ich fahre bequem am östlichen Ufer entlang und alle Anstrengungen sind vergessen.

                  

Am nördlichen Ende des Reschensees liegt das Dorf Reschen und der Reschenpass mit einer Seehöhe von 1.507 Metern auf italienischem Gebiet. Er überquert den Alpenhauptkamm und verbindet das Vinschgau in Südtirol mit dem Oberinntal in Österreich.


Nach Ortsausgang bekomme ich einen kleinen Vorgeschmack auf eine herrliche Abfahrt bevor es noch einmal hinauf zur Norbertshöhe geht.



Hier überfahre ich dann auch die Grenze nach Österreich und lasse Italien hinter mir.




Nauders liegt vor mir. Auf einem Hügel über dem Tiroler Ort steht Schloss Naudersberg.




Ich setze zum letzten anstrengenden Spurt an. Hier oben erwartet mich eine einzigartige Aussicht.


Dann habe ich die Norbertshöhe erreicht. Der Pass liegt auf 1.405 Meter Höhe im österreichisch - schweizerischem Grenzgebiet.


Eine wahnsinnig lange Abfahrt steht mir nun bevor. In 11 Kehren auf einer glatten Straße lasse ich mich bis nach Martina in die Schweiz hinunter rollen.



Immer wieder kommen mir schwitzende Radler im Schneckentempo entgegen, die den anstrengenden Weg noch vor sich haben. Ich kann stattdessen ganz entspannt auch mal rechts ran fahren und anhalten um die Aussicht zu genießen.



Auf der schweizer Seite wird es wieder hügeliger und geht auf der alten Zollstraße am Inn entlang.



Der Inn fließt tief unten durch die Finstermünzschlucht. Ich erhasche einen schönen Blick auf die Holzbrücke mit dem Brückenturm mitten im Inn sowie die Feste Siegmundsegg am Fuße des Finstermünzpasses.


Kurz darauf endet meine Fahrt durch die Schweiz und ich bin wieder in Österreich.

                 


Bereits um 16.15 Uhr bin ich in Landeck. Hier wäre ein Campingplatz der allerdings laut Angaben im Internet renoviert wird. Obwohl es tendenziell bergab geht und ich den Inn an meiner Seite habe,
bleiben mir weitere kleine Steigungen nicht erspart.


Langsam lässt auch meine Kraft nach, ich esse eine Kleinigkeit bevor ich mich entschließe, noch etwas weiter zu fahren.

                 


Bis zum nächsten Campingplatz in Imst sind es noch 23 Kilometer. Etwas lustlos radele ich weiter und bin gegen 18 Uhr dort. Es hätte keine halbe Stunde später sein dürfen, der Platz ist komplett ausgebucht. Da ich alleine mit dem Rad unterwegs bin, stoße ich auf Mitleid und bekomme noch ein kleines Eckchen für mein Zelt. Mir fällt ein Stein vom Herzen, ich hätte keinen Kilometer mehr weiter fahren wollen. Anreisende nach mir werden abgewiesen.



Zu Fuß laufe ich zur Pizzeria in der Nähe und genehmige mir noch eine große Calzone bevor ich meine letzte Nacht im Zelt verbringe. Morgen werde ich mich nach Überquerung des Fernpasses mit Peter in Füssen treffen.




Campingplatz Imst West
Langgasse, Imst
20,- € inkl. Dusche



Tag 9
Samstag, 20. Juli.2019
Imst – Füssen
79 km, 1.152 HM


Wetter: 14 – 35 Grad
sonnig


Bereits um 6.15 Uhr sitze ich wieder auf dem Rad und suche den Anschluss an die Via Claudia.


Zuerst fahre ich durch die hübsche Innenstadt von Imst. Das bedeutet anstrengenden Frühsport, denn die am Oberinntal gelegene Stadt in Tirol liegt am Rande der Lechtaler Alpen. Die teilweise sehr steilen Straßen hätten mich gestern Abend umgehauen, heute starte ich gut erholt und mit neuer Kraft.

 

Der Himmel ist schon früh wunderbar blau und wolkenlos.



Ab Tarrenz geht es leicht hügelig auf einem Forstweg durch den Wald. Der Schotterweg liegt nur
wenige Zentimeter über dem historischen Verlauf der Via Claudia Augusta.


                  

Bereits um 8 Uhr frühstücke ich kurz vor Nassereith um Kraft für den unmittelbar bevorstehenden Anstieg zu tanken. Es soll der anstrengendste der gesamten Tour werden.




Gleich hinter Nassereith komme ich auf einen geschotterten, sehr steilen Waldweg. Selbst im 1. Gang komme ich hier nicht vorwärts da mein Hinterrad beim Treten bereits durchdreht.




Als ich Schloss Fernstein passiere, habe ich mein schweres Rad bereits ein paar Kilometer geschoben. Einige entgegenkommende Wanderer machen mir wenig Hoffnung auf Besserung.


Ich schiebe weiter, die verkehrsreiche Fernpass-Bundesstraße ist für mich keine Option ebenso wenig wie die empfohlene Überquerung mit dem Radshuttle.



Der Fernpass ist ein Bergsturz, der sich den Reisenden vor 10.000 Jahren in den Weg legte. Baumwurzeln und Felsüberhänge lassen den schmalen Pfad zu einem authentischen Erlebnis werden.



An einer Stelle sind sogar Spurrillen der Römerfahrzeuge auf dem felsigen Grund zu erkennen.


Immer wieder halte ich an um zu verschnaufen um die wunderbare Gegend entlang des historischen Römerweges auf mich wirken zu lassen.




Etwa 10 Kilometer sind es bis zur Passhöhe, die ich mehr schiebend als fahrend bewältige.





Dafür werde ich immer wieder mit herrlichen, hochalpinen Ausblicken belohnt.





Ganz oben tut sich ein einmaliger Blick auf das Zugspitzmassiv sowie die in Serpentinen verlaufende Bundesstraße auf, einfach überwältigend.




Die Abfahrt ist wegen der Schotterwege ebenfalls sehr anspruchsvoll und mühsam. Erst auf der Straße nach Biberwier finde ich etwas Erholung und kann mich ein Stück rollen lassen.



Noch bis Heiterwang befinde ich mich in der Tiroler Zugspitz Arena mit imposanter Kulisse und landschaftlicher Vielfalt. Weitere Höhenmeter bleiben mir nicht erspart obwohl ich in Talnähe fahre. Mein erster Gang wird also weiter stark beansprucht. Es ist inzwischen sehr heiß geworden und ich bin froh um jeden Schattenplatz. Dankbar zapfe ich kaltes Trinkwasser aus den Brunnen, die fast in jeder Ortschaft vorzufinden sind.



Südlich von Reuthe befindet sich die Fußgänger-Hängebrücke "highline 179". Die Touristenattraktion verbindet die Ruine Ehrenberg mit dem Fort Claudia auf einer Höhe von 114 Metern.


Als ich um 14 Uhr Reutte erreiche, ruft Peter an. Er ist gerade in Füssen angekommen. Hier wollen wir uns treffen und noch eine gemeinsame Woche im Wohnmobil verbringen, bevor wir zusammen
zurück nach Hause fahren. Ziemlich kraftlos gehe ich die letzten 15 Kilometer bis dorthin an, die
Hitze und die viele Schieberei haben mir einiges abverlangt.


Eine gute Stunde später passiere ich den Lechfall, ein 12 Meter hohes Stauwehr am Stadtrand von
Füssen.


Kurz darauf bin ich am vereinbarten Treffpunkt und erkläre meine wunderbare und einmalige
Alpentour als beendet. In Bayern schließt sich also der Kreis meiner Radreise von München über
Belluno und Trento nach Füssen. Stolz blicke ich auf 9 erlebnisreiche und einmalige Reisetage mit 958 Kilometern und 9.717 Höhenmetern zurück.