Freitag, 02. September 2016
Edemissen - Hamburg/Oststeinbek
200 km
Morgen
steht wieder ein MPS im Öjendorfer Park in Hamburg an. Ich habe mir einen Tag frei
genommen und nutze die Gelegenheit zur Anreise mit dem Fahrrad. Der Wetterbericht sagt 20 Grad bei
leichtem Südwestwind und Sonne-Wolken-Mix vorher, also optimal für mich. Als
Route wähle ich die etwas weitere aber „idiotensichere“ Variante über
Bundesstraßen, die auf der gesamten Strecke von Radwegen begleitet werden. Nur
für das letzte Stück durch Hamburg will ich das Navi zu Hilfe nehmen. Da
ich mein treues blaues Treckingrad knapp vor der 100.000-km-Marke wegen ständig
neu hinzukommender Mängel ausgemustert habe, muss ich mich seit ein paar Tagen
mit unserem Ersatzrad zufrieden geben. Ich hoffe, es lässt mich auf dieser
langen Strecke nicht im Stich.
Um
7.30 Uhr starte ich und fahre auf der B444 Richtung Wehnsen. Es ist schon relativ mild und
sonnig. Dünne Jacke und kurze Hose reichen mir heute morgen um nicht zu
frieren. Nebelschwaden hängen tief über den Feldern rechts und links meines
Weges.
Hinter
Eltze
wechsele ich dann auf die B214. Die Sonne schimmert durch die Bäume und der
Morgentau liegt auf den Spinnennetzen am Wegesrand, die jetzt wie kleine weiße Schirmchen zwischen den Pflanzen hervor schauen. Bei
Bröckel verdunkelt sich der Himmel nach
und nach, erst denke ich an Regenwolken aber die Sonne verschwindet hinter
einer Nebelwand. Es wird immer diesiger und ungemütlicher.
In
Celle überquere ich die Aller, die hinter einer Kurve aus dem Dunst auftaucht
und gemächlich ihren Weg durch die Stadt fortsetzt.
Hier
komme ich auf die B3, der ich bis Buchholz i.d. Nordheide folgen werde. Der
Nebel setzt sich auf das Laub der Bäume deren Äste weit über den Radweg ragen.
Vereinzelt fallen dicke Tropfen auf meine Jacke, die mir inzwischen klamm am
Körper klebt. Ich
mache mir einen Spaß daraus, über am Boden liegende Eicheln zu fahren, die
knackend zerbersten oder wie ein Katapult zur Seite schießen wenn sie im
richtigen Winkel seitlich angeschnitten werden.
In
den Haarspitzen meines Ponys sammeln sich Tropfen, die mir ab und an über das
Gesicht laufen. Selbst auf meinen Knien hat sich ein zarter Pflaum aus Nebel um die sonst unsichtbaren Härchen gelegt.
Nach
etwa 2 Stunden klärt es sich so langsam wieder auf. Die Örtze in Wolthausen erscheint schon in einem etwas
freundlicherem Licht und kurz vor Bergen schimmert dann die Sonne wieder
zwischen den Bäumen hervor.
Ich
durchfahre Bergen und halte am Stadtrand bei einem Edeka um mir in der Bäckerei
etwas Proviant zu besorgen. Nach 60 km mache ich hier an einem sonnigen Hang am
Rande des Einkaufszentrums eine kleine
Pause. Nachdem der Nebel sich verzogen hat ist es wieder schön warm und ich
kann sogar auf dem Rasen sitzen.
Meine
Jacke ist schnell getrocknet und verschwindet in der Packtasche. Frisch
gestärkt und aufgewärmt setze ich kurze Zeit später meine Fahrt fort. Die
Landschaft erscheint wieder ein einem
freundlichem Licht. Gelbe Sonnenblumen und gelbgrüne Büsche strahlen von einem
Feld am Wegesrand zu mir herüber.
Mein Radweg führt schnurgerade an der Straße
entlang, ich brauche keine Angst haben, mich zu verfahren und
kann die Natur um mich herum genießen. Der Autolärm stört nur wenig.
In
Soltau muss ich doch etwas aufpassen, ich biege links ab und fahre ein Stück
über die B71 um dann wieder rechts auf die B3 Richtung Hamburg zu kommen. Ich
schaue auf meine Notizen und halte mich an die Hinweisschilder für die Autos.
Vorsichtshalber vergleiche ich nochmal die Straßennamen auf meinem Notizzettel:
Von der Celler- über die Wilhelm- auf die Poststraße, die im weiteren Verlauf
zur Harburger Straße wird. Alles richtig gemacht.
Einige
Kilometer weiter in der Ortschaft Heber führt eine Umgehungsstraße zu einem
neuen Teilstück der B3 nach Bispingen, ich muss hier geradeaus weiter
über die alte, inzwischen stillgelegte Bundesstraße um kurze Zeit später wieder
auf den Radweg der B3 Richtung Hamburg zu kommen. In umgekehrter Richtung muss
man hier besonders aufpassen, um nicht versehentlich in die falsche Richtung zu
fahren.Mein
Weg führt mich fast ausschließlich durch Waldgebiete, hohe Bäume säumen Straßen
und Radwege. Irgendwo auf Höhe von Schneverdingen lichtet sich der Wald und für
ein kurzes Stück kommt eine wunderschöne typische Heidelandschaft zum
Vorschein. Mitte August bis Anfang September ist Blütezeit des
charakteristischen Gewächses der Lüneburger Heide. Ich halte kurz an und
genieße den Anblick, der leider viel zu schnell wieder vorbei ist.
Der
größte Teil des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide besteht aus Wäldern, die
Sicht auf weitere Heideflächen bleibt mir auf meinem Weg über die Bundesstraße
verborgen.
Kurz
vor Abfahrt auf die B75 bei Sprötze/Trelde halte ich nochmal an und esse was.
Ich bin jetzt 120 km unterwegs und es läuft gut. Ich komme mit dem leichten Rücken-
bzw. Seitenwind gut voran. Das Fahrrad und ich sind noch keine Freunde, es ist etwas zu groß, das Anfahren strengt an weil ich wegen der Stange nicht richtig Schwung holen kann. Die für mich ungewohnte Kettenschaltung hakt manchmal und die Stromzufuhr über Nabendynamo und Lampe ist für mein Navi nicht ausreichend. Für ein Ersatzrad ist es aber sonst durchaus akzeptabel und bequem.
Ich
folge der B75 bis zum Kreisel bei Dibbersen. Hier ist die Umgehung zur Bundesstraße für Fahrräder nicht
befahrbar, es geht ein Stück geradeaus, dann hinter der Aral-Tankstelle rechts
auf die Harburger Straße,
die im weiteren Verlauf wieder zur B75 wird. Ich fahre durch einige kleinere
Ortschaften. Hinter Tötensen – einen Abstecher zu Dieter
Bohlens Villa spare ich mir mangels Interesse – verlasse ich Niedersachsen und
überfahre die Landesgrenze zu Hamburg.
Mein
fiktives Ziel ist die Brutzelhütte auf der Bremer Straße in Harburg,
bis hierher bin ich ausschließlich nach meinen Notizen gefahren, was aufgrund
meiner gewählten Route kein Kunststück war. Jetzt schalte ich das Navi ein, es
soll mich durch die Großstadt bis zu meinem Treffpunkt in Oststeinbek führen. Ich werde umgehend von der
Bremer Straße weg geleitet und fahre durch einen Schrebergarten.
Dann überquere ich die Bundesstraße noch einmal und fahre im Zickzack durch ein Gewirr von kleinen Straßen bis zur
einer riesigen Kreuzung am Harburger
Bahnhof. Es wird immer unruhiger, ich bin nicht mehr allein auf dem Radweg und muss aufpassen, mit niemanden zusammen zu stoßen.
Ich
begleite erst die Bahn ein Stück, dann die A 253 bis ich vor der alten Harburger
Elbbrücke stehe. Die damals
für Straßenfahrzeuge gebaute 474 m lange Stahlbogenbrücke war die erste
Straßenbrücke über die Süderelbe und dient heute nur Fußgängern und Radfahrern. Die
aus Sandstein errichteten
Portale sollen mit den Wilhelmsburger und Harburger Wappen an die
Stadttore erinnern.
Ich
nehme mir etwas Zeit und werfe einen Blick auf die gewaltige Süderelbe mit den
Seehafenanlagen.
Dann
komme ich auf die Georg-Wilhelm-Straße, die schnurgerade durch den Stadtteil
Wilhelmsburg führt und die ich auf einer früheren Fahrt durch Hamburg schon
kennengelernt habe. Neben den großen Straßen gibt es aber auch immer wieder
verkehrsberuhigte Wege durch Parks oder durch Schrebergartenanlagen.
Neben
der Bundesstraße überquere ich die Norderelbe und bin gar nicht weit weg von
der Hamburger Hafencity.
Es ist erst 17 Uhr, ich überlege, ob ich noch eine
kleine Stadtrundfahrt unternehme, entscheide mich aber doch dagegen. Ich
fahre weiter durch ein hässliches Industriegebiet in Billbrook. Im Kontrast dazu taucht wieder
eine der zahlreichen Brücken auf und gibt den Blick auf die Bille frei, die
sich seicht durch ein wunderschönes zugewachsenes Stück Natur schlängelt.
Ein weiteres Mal überquere ich die
Bille, am gegenüberliegenden Ufer sind die Häuschen einer Kleingartenanlage mit
einem Bootsanleger zu sehen, sehr idyllisch – und das alles mitten in der
Großstadt.
In
Billstedt fahre ich wieder durch eine verkehrsfreie Parkanlage, überquere die Glinder Straße und komme direkt auf den Öjendorfer Park zu. Es ist 17.30 Uhr, nach
165 km bin ich am Ziel und stehe auf dem großen Realkauf-Parkplatz wo ich mich
mit Peter treffen will. Ich
erfahre, dass er jetzt
erst aus Edemissen losfährt und habe noch ausreichend Zeit, mir die Gegend anzuschauen. Ich
fahre um den Öjendorfer See und staune über die Größe des
Parkgeländes. Im Park am Ostufer stehen überall schon die mittelalterlichen
Zelte der Wegelagerer und die Marktstände. Auch das weitere Umfeld ist
interessant und neu für mich.
Ich
bin noch gut drauf, auf der gesamten Tour gab es weder heftigen Gegenwind noch
Berge und ich merke gar nicht, wie die Kilometer dahinfliegen. Am Ende des
Tages, als Peter mit dem Womo ankommt, habe ich 200 km auf dem
Tacho.
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